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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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Ergebnisse<br />

An dieser Stelle läßt si<strong>ch</strong> das transzendentale Argument zusammenfassen: Es ist<br />

(bedingt o<strong>der</strong> unbedingt) für alle Mens<strong>ch</strong>en notwendig, daß sie gelegentli<strong>ch</strong> etwas<br />

behaupten im Sinne eines starken Begriffs des Behauptens (praemissa maior). Wer etwas<br />

in diesem Sinne behauptet, erhebt damit einen Anspru<strong>ch</strong> auf Wahrheit o<strong>der</strong><br />

Ri<strong>ch</strong>tigkeit und erklärt, diesen einlösen zu können. Die Einlösung muß notwendigerweise<br />

dur<strong>ch</strong> eine Argumentation erfolgen, die dur<strong>ch</strong> Zwanglosigkeit,<br />

Glei<strong>ch</strong>bere<strong>ch</strong>tigung und Universalität <strong>der</strong> Teilnahme geprägt ist, also dur<strong>ch</strong> einen<br />

Diskurs unter Einhaltung <strong>der</strong> Diskursregeln (praemissa minor). Folgli<strong>ch</strong> gilt (conclusio):<br />

Je<strong>der</strong> muß bereit sein, die Diskursregeln zur Verbürgung <strong>der</strong> Ri<strong>ch</strong>tigkeit in <strong>der</strong><br />

Argumentation zu akzeptieren.<br />

d) Der Konsens und das Diskursprinzip (T Ko D)<br />

Mit <strong>der</strong> Begründung <strong>der</strong> Diskursregeln ist we<strong>der</strong> gesagt, daß Freiheit und Glei<strong>ch</strong>heit<br />

allgemein im Handeln akzeptiert werden müßten, no<strong>ch</strong>, daß jedes Handeln notwendig<br />

einer Ri<strong>ch</strong>tigkeitskontrolle dur<strong>ch</strong> Diskurse unterliegt. Die Diskursregeln allein<br />

sagen no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>ts darüber aus, wie <strong>der</strong> Diskurs zur Begründung von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong><br />

genutzt werden kann. Dazu sind weitere Überlegungen zu Konsens und Normbegründung<br />

erfor<strong>der</strong>li<strong>ch</strong>.<br />

Als allgemeine Regel, wann eine Behauptung als diskursiv begründet angesehen<br />

werden kann, läßt si<strong>ch</strong> vorläufig ein Theorem über den Konsens formulieren:<br />

T Ko :<br />

Im Diskurs begründet ist eine Behauptung genau dann,<br />

wenn sie von allen Diskursteilnehmern als ri<strong>ch</strong>tig beurteilt<br />

wird (Konsens).<br />

Bezügli<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Brau<strong>ch</strong>barkeit eines sol<strong>ch</strong>en Theorems müssen von vornherein einige<br />

Vorbehalte berücksi<strong>ch</strong>tigt werden. Es ist nämli<strong>ch</strong> gerade fragli<strong>ch</strong>, wann – wenn<br />

überhaupt – <strong>der</strong> Diskurs mit dem Konsens ein Ergebnis errei<strong>ch</strong>en kann. Diese Frage<br />

na<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Beendigung des Diskurses entzieht si<strong>ch</strong>, wie bereits erwähnt 496 , einer allgemeinen<br />

Beantwortbarkeit. Das gilt ni<strong>ch</strong>t nur für reale Diskurse, die zwangsläufig<br />

enden, ohne daß in ihnen bis zum Zeitablauf ein Konsens gesi<strong>ch</strong>ert wäre. Es gilt<br />

au<strong>ch</strong> für ideale Diskurse, die nie enden, bei denen die Mögli<strong>ch</strong>keit eines Konsenses<br />

aber ni<strong>ch</strong>t beweisbar ist. Es kann keine Aussage darüber getroffen werden, ob und<br />

gegebenfalls wann in einem Diskurs ein Konsens <strong>der</strong> Beteiligten über den Gegenstand<br />

errei<strong>ch</strong>bar ist. S<strong>ch</strong>wieriger no<strong>ch</strong>: Ein sol<strong>ch</strong>er Konsens könnte, würde er errei<strong>ch</strong>t,<br />

nie als endgültig angesehen werden, denn au<strong>ch</strong> die je<strong>der</strong>zeitige erneute Infragestellung<br />

muß als eine Konsequenz <strong>der</strong> Zwangsfreiheit angesehen werden. Diese<br />

Vorbehalte müssen hier zunä<strong>ch</strong>st zurückgestellt werden, weil die einzelnen Diskurstheorien<br />

jeweils eigenständige Lösungswege verfolgen 497 .<br />

496 Vgl. oben S. 220 (diskursive Kontrolle und potentielle Unendli<strong>ch</strong>keit des Diskurses).<br />

497 Dazu unten S. 291 ff. (Kritik am Ri<strong>ch</strong>tigkeitsanspru<strong>ch</strong> in Diskurstheorien).<br />

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