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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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von Apothekerinteressen bes<strong>ch</strong>ränkten. Do<strong>ch</strong> eine Partei ist keine s<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>te Interessenvertretung,<br />

son<strong>der</strong>n beanspru<strong>ch</strong>t die Mitwirkung an <strong>der</strong> Re<strong>ch</strong>tsetzung. Re<strong>ch</strong>t<br />

aber verlangt na<strong>ch</strong> universeller Ri<strong>ch</strong>tigkeit. Deshalb kann <strong>der</strong> juristis<strong>ch</strong>e Diskurs als<br />

Son<strong>der</strong>fall des allgemeinen praktis<strong>ch</strong>en Diskurses angesehen werden 202 . Man kann<br />

folgli<strong>ch</strong> sagen, daß <strong>der</strong> Anspru<strong>ch</strong> des Re<strong>ch</strong>ts, ri<strong>ch</strong>tig und damit gere<strong>ch</strong>t zu sein 203 ,<br />

Vorwirkungen au<strong>ch</strong> in bestimmten Berei<strong>ch</strong>en <strong>der</strong> Politik haben muß. Deshalb darf<br />

si<strong>ch</strong> Politik ni<strong>ch</strong>t in strategis<strong>ch</strong>em Handeln ers<strong>ch</strong>öpfen, etwa dadur<strong>ch</strong>, daß sie auf eine<br />

bloß emotive Wirkung reklamehafter Wie<strong>der</strong>holungen setzt, Begründungen auf<br />

Täus<strong>ch</strong>ung aufbaut und öffentli<strong>ch</strong> Gründe anführt, die si<strong>ch</strong> von den wirkli<strong>ch</strong>en<br />

Gründen wesentli<strong>ch</strong> unters<strong>ch</strong>eiden 204 . Erst die ni<strong>ch</strong>tstrategis<strong>ch</strong>e Begründung, in <strong>der</strong><br />

kritis<strong>ch</strong>e Reflexionen zur Geltung kommen, vervollständigt das politis<strong>ch</strong>e Handeln<br />

zur politis<strong>ch</strong>en Argumentation 205 . Dieser Befund wird gestützt dur<strong>ch</strong> die These, daß<br />

rationalistis<strong>ch</strong>e, nur an Klugheitserwägungen orientierte Staatsbürger »unter einer<br />

empiristis<strong>ch</strong>en Selbstbes<strong>ch</strong>reibung ihrer Praktiken keine hinrei<strong>ch</strong>enden Gründe für<br />

die Einhaltung demokratis<strong>ch</strong>er Spielregeln« haben könnten 206 .<br />

2. Eine erweiterte Son<strong>der</strong>fallthese (S RP )<br />

Diejenige Politik, die auf Re<strong>ch</strong>tsetzung bezogen ist, kann 'Re<strong>ch</strong>tspolitik' genannt werden<br />

207 . Re<strong>ch</strong>tspolitik in diesem weiten Sinne ist ein Platzhalter für ni<strong>ch</strong>tstrategis<strong>ch</strong>e<br />

Politik. Dadur<strong>ch</strong> soll deutli<strong>ch</strong> gema<strong>ch</strong>t werden, daß politis<strong>ch</strong>es Handeln jedenfalls<br />

dann als ri<strong>ch</strong>tig begründet werden muß, wenn das Ziel dieses Handelns in <strong>der</strong> Setzung<br />

von Re<strong>ch</strong>t besteht. Der Ri<strong>ch</strong>tigkeit des Handelns kann man si<strong>ch</strong> allein im Diskurs<br />

vergewissern 208 . Demgemäß kann eine Erweiterung <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>fallthese formuliert<br />

werden:<br />

S RP :<br />

Der re<strong>ch</strong>tspolitis<strong>ch</strong>e Diskurs ist neben dem juristis<strong>ch</strong>en<br />

Diskurs ein weiterer Son<strong>der</strong>fall des allgemeinen praktis<strong>ch</strong>en<br />

Diskurses.<br />

Die Anwendungsbedingungen und Verfahrensregeln eines realen re<strong>ch</strong>tspolitis<strong>ch</strong>en<br />

Diskurses müssen folgli<strong>ch</strong> so weit, wie na<strong>ch</strong> den Umständen angemessen, <strong>der</strong> regulativen<br />

Idee eines Diskurses unter idealen Bedingungen angegli<strong>ch</strong>en werden 209 .<br />

Dieser weitgehenden Folgerung ist entgegengehalten worden, daß es eine 'diskursphilosophis<strong>ch</strong>e<br />

Täus<strong>ch</strong>ung' sei, wenn man annähme, kollektive Diskurse könnten<br />

Rationalität begründen 210 . Die außerrationalen Elemente, etwa das Charisma von<br />

202 Dazu oben S. 339 (Son<strong>der</strong>fallthese, Alexy).<br />

203 Vgl. oben S. 37 (notwendiger Anspru<strong>ch</strong> des Re<strong>ch</strong>ts auf Ri<strong>ch</strong>tigkeit).<br />

204 O. Weinberger, Über die Kultur <strong>der</strong> politis<strong>ch</strong>en Argumentation (1994), S. 152.<br />

205 O. Weinberger, Über die Kultur <strong>der</strong> politis<strong>ch</strong>en Argumentation (1994), S. 154.<br />

206 J. Habermas, Faktizität und Geltung (1992), S. 358.<br />

207 Dazu soglei<strong>ch</strong> S. 353 ff. (deliberative Politik und Re<strong>ch</strong>tspolitik).<br />

208 Dazu oben S. 250 (T R ).<br />

209 Vgl. oben S. 221 (T Dr ).<br />

210 O. Weinberger, Über die Kultur <strong>der</strong> politis<strong>ch</strong>en Argumentation (1994), S. 155; ähnli<strong>ch</strong> bereits<br />

A. Kaufmann, <strong>Prozedurale</strong> <strong>Theorien</strong> <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> (1989), S. 18: »Selbsttäus<strong>ch</strong>ung«.<br />

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