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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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T N :<br />

Eine Handlung ist ri<strong>ch</strong>tig, wenn sie die beiden universellen<br />

Prinzipien <strong>der</strong> Unparteili<strong>ch</strong>keit und <strong>der</strong> vernünftigen<br />

Parteili<strong>ch</strong>keit so zum Ausglei<strong>ch</strong> bringt, daß niemand<br />

einwenden kann, seine Interessen seien ni<strong>ch</strong>t mit hinrei<strong>ch</strong>endem<br />

Gewi<strong>ch</strong>t berücksi<strong>ch</strong>tigt o<strong>der</strong> es würden übermäßige<br />

Opfer von ihm verlangt.<br />

Na<strong>ch</strong> Nagel liegt in dieser Abwägung <strong>der</strong> als Prinzipien formulierten Standpunkte<br />

eine praktikable Kombination (livable combination), die si<strong>ch</strong> zudem als eine Form kantis<strong>ch</strong>er<br />

Universalität verstehen lasse 432 .<br />

c) Zur 'vernünftigen' Parteili<strong>ch</strong>keit<br />

Die Konkretisierung von T N ges<strong>ch</strong>ieht vor allem dadur<strong>ch</strong>, daß die 'vernünftige' Parteili<strong>ch</strong>keit<br />

bes<strong>ch</strong>ränkt wird. Na<strong>ch</strong> Nagel kann si<strong>ch</strong> niemand auf seine größere Verhandlungsma<strong>ch</strong>t<br />

(bargaining power) berufen, weil dieser ni<strong>ch</strong>t selbst moralis<strong>ch</strong>es Gewi<strong>ch</strong>t<br />

zukomme, son<strong>der</strong>n sie allenfalls im Rahmen eines an<strong>der</strong>weitig gere<strong>ch</strong>tfertigten<br />

Systems (z.B. einer Marktordnung) eine Rolle spielen könne 433 . Au<strong>ch</strong> auf die eigenen<br />

Talente und Fähigkeiten soll man si<strong>ch</strong> vom Standpunkt <strong>der</strong> 'vernünftigen' Parteili<strong>ch</strong>keit<br />

aus ni<strong>ch</strong>t berufen dürfen, weil diese ni<strong>ch</strong>t selbst verdient seien 434 . Im Ergebnis<br />

vertritt Nagel deshalb eine politis<strong>ch</strong>e Philosophie, die in ihrer Egalität <strong>der</strong>jenigen von<br />

Rawls ähnelt, viellei<strong>ch</strong>t sogar no<strong>ch</strong> über diese hinausgeht 435 . Seine Interpretation <strong>der</strong><br />

'vernünftigen' Parteili<strong>ch</strong>keit for<strong>der</strong>t weitgehenden Verzi<strong>ch</strong>t vom Individuum und<br />

bildet eine radikale Stärkung des Standpunktes eines externen Beoba<strong>ch</strong>ters 436 . Letztli<strong>ch</strong><br />

läuft Nagels Ausglei<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Standpunkte auf eine massive Umverteilung hinaus,<br />

wo immer eine soziale Unglei<strong>ch</strong>heit ni<strong>ch</strong>t auf individuelles Vers<strong>ch</strong>ulden <strong>der</strong> Bena<strong>ch</strong>teiligten<br />

zurückzuführen ist 437 .<br />

432 T. Nagel, Equality and Impartiality (1991), S. 15, 40.<br />

433 T. Nagel, Equality and Impartiality (1991), S. 39.<br />

434 T. Nagel, Equality and Impartiality (1991), S. 121.<br />

435 So au<strong>ch</strong> Nagel selbst; T. Nagel, Equality and Impartiality (1991), S. 121: »I share Rawls's egalitarian<br />

sentiments, and might even defend something more egalitarian than priority to the worse off, given<br />

the factor of social causation.«; S. 3: »My belief is not just that all social and political arrangements<br />

so far devised are unsatisfactory. ... We do not yet possess an acceptable political ideal, for<br />

reasons whi<strong>ch</strong> belong to moral and political philosophy.«<br />

436 Vgl. T. Nagel, Equality and Impartiality (1991), S. 16: »What the impersonal standpoint generates<br />

... is a massive impartial addition to ea<strong>ch</strong> individual's values without any indication of how this is<br />

to be combined with the personal values that were already there.«<br />

437 So s<strong>ch</strong>on T. Nagel, Was bedeutet das alles? (1987), S. 72: »I<strong>ch</strong> für meinen Teil glaube, daß ... es mit<br />

Si<strong>ch</strong>erheit ungere<strong>ch</strong>t ist, wenn ein sozioökonomis<strong>ch</strong>es System zur Folge hat, daß einige Mens<strong>ch</strong>en<br />

unter bedeutenden materiellen und sozialen Na<strong>ch</strong>teilen leiden, an wel<strong>ch</strong>en sie keine S<strong>ch</strong>uld haben,<br />

wenn si<strong>ch</strong> dies dur<strong>ch</strong> ein System redistributiver Besteuerung und sozialer Hilfsmaßnahmen<br />

verhin<strong>der</strong>n ließe.«<br />

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