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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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um ni<strong>ch</strong>t zu Opfern zu werden, auf die Glei<strong>ch</strong>heit <strong>der</strong> Re<strong>ch</strong>te in keinem Fall verzi<strong>ch</strong>ten<br />

würden 647 .<br />

e) Die Begründung von Re<strong>ch</strong>tsnormen (S)<br />

Die Theorie Alexys unters<strong>ch</strong>eidet si<strong>ch</strong> von den übrigen Diskurstheorien vor allem dadur<strong>ch</strong>,<br />

daß sie eine enge Verbindung zwis<strong>ch</strong>en Diskurs und Re<strong>ch</strong>t begründet, die<br />

si<strong>ch</strong> im Theorem <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>fallthese zuspitzt:<br />

S: »Der juristis<strong>ch</strong>e Diskurs ist ein Son<strong>der</strong>fall des allgemeinen<br />

praktis<strong>ch</strong>en Diskurses.« 648<br />

Damit ist die weitgehende Aussage verbunden, daß es in allen Arten juristis<strong>ch</strong>er<br />

Diskussion – sei sie wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> (theoretis<strong>ch</strong>, dogmatis<strong>ch</strong>), ri<strong>ch</strong>terli<strong>ch</strong>, legislativ<br />

o<strong>der</strong> administrativ – »notwendig ist, die juristis<strong>ch</strong>e Rationalität diskurstheoretis<strong>ch</strong> zu<br />

deuten.« 649 Konkretisiert zur 'Integrationsthese' besagt S, daß »die Verwendung<br />

spezifis<strong>ch</strong> juristis<strong>ch</strong>er Argumente auf allen Stufen mit <strong>der</strong> allgemeiner praktis<strong>ch</strong>er<br />

Argumente zu verbinden ist.« 650 Dieser Teil <strong>der</strong> Theorie Alexys stellt si<strong>ch</strong> gegen die<br />

Auffassung, daß es einen beson<strong>der</strong>en Anwendungsdiskurs für Re<strong>ch</strong>tsnormen gibt,<br />

<strong>der</strong> vom Begründungsdiskurs losgelöst ist 651 . Mit dem allgemeinen praktis<strong>ch</strong>en<br />

Diskurs haben juristis<strong>ch</strong>e Diskurse das Streben na<strong>ch</strong> praktis<strong>ch</strong>er Ri<strong>ch</strong>tigkeit<br />

gemeinsam. Sie unters<strong>ch</strong>eiden si<strong>ch</strong> von allgemeinen Diskursen vor allem deshalb,<br />

weil juristis<strong>ch</strong>e Argumentation immer an das geltende Re<strong>ch</strong>t gebunden bleibt 652 .<br />

Aus dieser Bindung resultieren unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong> intensive Argumentationsbes<strong>ch</strong>ränkungen<br />

je na<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Art des juristis<strong>ch</strong>en Diskurses: Ein Re<strong>ch</strong>tswissens<strong>ch</strong>aftler<br />

ist in einem re<strong>ch</strong>tsdogmatis<strong>ch</strong>en (und erst re<strong>ch</strong>t in einem re<strong>ch</strong>tstheoretis<strong>ch</strong>en)<br />

Diskurs freier als <strong>der</strong> Ri<strong>ch</strong>ter, <strong>der</strong> in aller Regel dur<strong>ch</strong> die Verfassung explizit an das<br />

positive Re<strong>ch</strong>t gebunden ist, institutionell seine Funktion wahren muß und zu<br />

alledem einem engen Korsett prozessualer Vors<strong>ch</strong>riften unterworfen ist, die<br />

insbeson<strong>der</strong>e eine Ents<strong>ch</strong>eidung in angemessener Zeit und mit vertretbarem<br />

Aufwand von ihm for<strong>der</strong>n. Die Re<strong>ch</strong>tsbindung führt außerdem zu einem<br />

beson<strong>der</strong>en Ri<strong>ch</strong>tigkeitsbegriff des juristis<strong>ch</strong>en Diskurses: Ein Ergebnis ist ri<strong>ch</strong>tig »im<br />

Rahmen <strong>der</strong> geltenden Re<strong>ch</strong>tsordnung« 653 . Damit ist <strong>der</strong> juristis<strong>ch</strong>e Ri<strong>ch</strong>tigkeitsbegriff<br />

aber no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t ers<strong>ch</strong>öpft, denn wenn eine geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Ents<strong>ch</strong>eidung ein ungere<strong>ch</strong>tes<br />

Gesetz korrekt anwendet, dann leidet sie na<strong>ch</strong> Alexy do<strong>ch</strong> an einem Fehler. Der<br />

Spielraum im juristis<strong>ch</strong>en Diskurs mag zwar ni<strong>ch</strong>t genügen, um <strong>der</strong> Anwendung des<br />

ungere<strong>ch</strong>ten Gesetzes auszuwei<strong>ch</strong>en, do<strong>ch</strong> es überlebt <strong>der</strong> Zusammenhang zwis<strong>ch</strong>en<br />

diskursiver Rationalität und Re<strong>ch</strong>t: »Die diskursive Rationalität kann zwar ni<strong>ch</strong>t mehr<br />

647 R. Alexy, Diskurstheorie und Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te (1995), S. 160.<br />

648 R. Alexy, Theorie <strong>der</strong> juristis<strong>ch</strong>en Argumentation (1978), S. 32, 38, 261 ff. (32).<br />

649 R. Alexy, Theorie <strong>der</strong> juristis<strong>ch</strong>en Argumentation (1991), S. 426 ff. (428).<br />

650 R. Alexy, Theorie <strong>der</strong> juristis<strong>ch</strong>en Argumentation (1978), S. 32, 38, 261 ff. (38).<br />

651 Dazu oben S. 222 (Anwendungsdiskurs).<br />

652 R. Alexy, Theorie <strong>der</strong> juristis<strong>ch</strong>en Argumentation (1978), S. 262.<br />

653 R. Alexy, Theorie <strong>der</strong> juristis<strong>ch</strong>en Argumentation (1991), S. 432 f.<br />

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