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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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II.<br />

Zur <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> gegenüber zukünftigen Generationen<br />

Eine Berücksi<strong>ch</strong>tigung zukünftiger Generationen ist in ähnli<strong>ch</strong>er Weise mögli<strong>ch</strong> wie<br />

bei <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> gegenüber <strong>der</strong> Natur. Ohnehin gehören die Anliegen zukünftiger<br />

Generationen zu den Gegenständen, die dur<strong>ch</strong> aktuell lebende Vorfahren in<br />

Diskurse eingebra<strong>ch</strong>t werden. Darüber hinaus könnte dur<strong>ch</strong> den Gedanken <strong>der</strong><br />

Stellvertretung ein Diskurs fiktiv in die Zukunft verlängert werden.<br />

III. Zur <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> in <strong>der</strong> Völkergemeins<strong>ch</strong>aft<br />

Die Chancen auf einen gesi<strong>ch</strong>erten Weltfrieden und damit au<strong>ch</strong> auf eine <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong><br />

in <strong>der</strong> Völkergemeins<strong>ch</strong>aft dürften glei<strong>ch</strong>ermaßen davon abhängen, ob ein Weltre<strong>ch</strong>t<br />

begründet und effektiv dur<strong>ch</strong>gesetzt werden kann. Das ist aus denselben<br />

Gründen geboten wie die Institutionalisierung von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen innerhalb<br />

<strong>der</strong> einzelnen Staatsordnung 260 .<br />

Im übrigen gelten die unmittelbar begründeten <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen im internationalen<br />

Maßstab genauso wie für den Einzelstaat. Die Grundre<strong>ch</strong>te auf Glei<strong>ch</strong>heit,<br />

optimierte Freiheiten und Demokratie sind universell begründet.<br />

Die mittelbare Begründung von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen hängt davon ab, ob man<br />

die Interaktion in <strong>der</strong> Völkergemeins<strong>ch</strong>aft als Diskurs begreifen kann. Dagegen<br />

spri<strong>ch</strong>t vor allem, daß die zwis<strong>ch</strong>enstaatli<strong>ch</strong>e Beziehung häufig als 'Naturzustand'<br />

angesehen wird, in dem nur strategis<strong>ch</strong>es Handeln zählt 261 . An<strong>der</strong>erseits bietet die<br />

Etablierung einer effektiv dur<strong>ch</strong>setzbaren Völkerre<strong>ch</strong>tsordnung Anlaß, die Verfahren<br />

wie die Re<strong>ch</strong>tsverfahren im innerstaatli<strong>ch</strong>en Re<strong>ch</strong>t zu behandeln, also als reale Diskurse,<br />

die an Ri<strong>ch</strong>tigkeit orientiert sein müssen und für die si<strong>ch</strong> deshalb diskurstheoretis<strong>ch</strong>e<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen formulieren lassen. Dadur<strong>ch</strong> würde die Diskurstheorie zu<br />

einer Basistheorie <strong>der</strong> Völkerre<strong>ch</strong>tsordnung.<br />

Bei <strong>der</strong> Formulierung diskurstheoretis<strong>ch</strong>er Anfor<strong>der</strong>ungen an einen völkerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en<br />

Diskurs ist allerdings zu bea<strong>ch</strong>ten, daß es immer um eine Annäherung an Diskursideale<br />

geht, wie sie 'na<strong>ch</strong> den Umständen angemessen' ist 262 . Die Umstände sind<br />

im internationalen Maßstab indes an<strong>der</strong>e als auf nationaler Ebene. So könnte es si<strong>ch</strong><br />

beispielsweise als unangemessen erweisen, wenn gefor<strong>der</strong>t wird, im Interesse einer<br />

mögli<strong>ch</strong>st unbegrenzten Teilnehmers<strong>ch</strong>aft au<strong>ch</strong> die Vertreter <strong>der</strong> kleinsten Staaten an<br />

je<strong>der</strong> Ents<strong>ch</strong>eidungsfindung über Einzelfragen <strong>der</strong> Völkerre<strong>ch</strong>tsordnung zu beteiligen.<br />

Do<strong>ch</strong> ers<strong>ch</strong>eint es, ohne daß dies hier vertieft werden könnte, mögli<strong>ch</strong>, wenigstens<br />

für die Verfahren <strong>der</strong> internationalen Organisationen (UNO, WTO u.v.m.) Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

zu formulieren, die au<strong>ch</strong> dort eine mittelbare Begründung von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>snormen<br />

im Völkerre<strong>ch</strong>t bewirken.<br />

260 Dazu oben S. 333 (Institutionalisierung <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>).<br />

261 Vgl. den Kontext <strong>der</strong> Begründung <strong>der</strong> Aussage 'homo homini lupus' bei T. Hobbes, Vom Bürger<br />

(1642), Widmung: »Nun sind si<strong>ch</strong>er beide Sätze wahr: Der Mens<strong>ch</strong> ist ein Gott für den Mens<strong>ch</strong>en,<br />

und: Der Mens<strong>ch</strong> ist ein Wolf für den Mens<strong>ch</strong>en; jener, wenn man die Bürger untereinan<strong>der</strong>, dieser,<br />

wenn man die Staaten untereinan<strong>der</strong> verglei<strong>ch</strong>t.«<br />

262 Dazu oben S. 221 (T Dr ).<br />

360

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