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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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Begründung sozialer Ordnung und ist damit – obwohl von Habermas selbst ni<strong>ch</strong>t<br />

ausdrückli<strong>ch</strong> so bezei<strong>ch</strong>net – eine prozedurale <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorie 551 .<br />

a) Die universalpragmatis<strong>ch</strong>e Begründung (U)<br />

Habermas formulierte das Universalisierungsprinzip U, das zu einer Vorlage für das<br />

Prinzip U h bei Apel wurde:<br />

U: »Jede gültige Norm muß <strong>der</strong> Bedingung genügen, daß<br />

die Folgen und Nebenwirkungen, die si<strong>ch</strong> aus ihrer allgemeinen<br />

Befolgung für die Befriedigung <strong>der</strong> Interessen<br />

jedes einzelnen voraussi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> ergeben, von allen Betroffenen<br />

zwanglos akzeptiert werden können.« 552<br />

In <strong>der</strong> Begründung von U lehnt Habermas die transzendentalpragmatis<strong>ch</strong>e Letztbegründung<br />

von Apel ab: Eine Letztbegründung sei we<strong>der</strong> mögli<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> nötig 553 . Bei<br />

seiner universal- bzw. formalpragmatis<strong>ch</strong> genannten Begründung geht es ihm allein<br />

um die tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Alternativlosigkeit <strong>der</strong> die Argumentationspraxis begründenden<br />

Regeln 554 . Habermas rekonstruiert universale Spre<strong>ch</strong>aktvoraussetzungen als Grundbedingungen<br />

praktis<strong>ch</strong>er Diskurse. Trotz des Verzi<strong>ch</strong>ts auf Letztbegründung bleibt<br />

die Begründung 'universell' in dem Sinne, daß die in U ausgedrückte Normbegründungsregel<br />

unauswei<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> ist: Wer überhaupt über ri<strong>ch</strong>tiges Handeln argumentieren<br />

will, <strong>der</strong> muß si<strong>ch</strong> auf die anspru<strong>ch</strong>svollen Voraussetzungen des praktis<strong>ch</strong>en Diskurses<br />

einlassen; eine Alternative gibt es ni<strong>ch</strong>t 555 . Die Begründung gilt daher – vorbehaltli<strong>ch</strong><br />

<strong>der</strong> grundlegenden Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Lebensform (und Spra<strong>ch</strong>konvention<br />

556 ) – für alle spra<strong>ch</strong>- und handlungsfähigen Subjekte, d.h. die Mens<strong>ch</strong>en,<br />

so wie wir sie gegenwärtig kennen.<br />

b) Das Paradoxon <strong>der</strong> Legitimation dur<strong>ch</strong> Legalität (D H )<br />

Die Übertragung von Ergebnissen <strong>der</strong> Diskursethik auf das Re<strong>ch</strong>t stößt laut Habermas<br />

auf das zentrale Problem, daß das Re<strong>ch</strong>t für politis<strong>ch</strong>e Direktion instrumentalisiert<br />

551 Zur Definition oben S. 132 (D 4 ). Weitere Indikatoren für den Charakter des Werks als prozedurale<br />

<strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>stheorie sind <strong>der</strong> Umstand, daß Habermas das erste <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong>sprinzip aus Rawls<br />

Theorie <strong>der</strong> <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> heranzieht, um die Idee <strong>der</strong> Glei<strong>ch</strong>heit zu demonstrieren; J. Habermas,<br />

Faktizität und Geltung (1992), S. 110. Er stellt ausdrückli<strong>ch</strong> die Beziehung zwis<strong>ch</strong>en diskurstheoretis<strong>ch</strong><br />

rekonstruiertem Re<strong>ch</strong>t und <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong> her: »Diese Rekonstruktion zeigt jedo<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong>,<br />

daß das Re<strong>ch</strong>t nur solange legitimierende Kraft behält, wie es als eine Ressource von <strong>Gere<strong>ch</strong>tigkeit</strong><br />

fungieren kann.« – ebd., S. 180.<br />

552 J. Habermas, Über Moralität und Sittli<strong>ch</strong>keit (1984), S. 219; ebenso bereits <strong>der</strong>s., Moralbewußtsein<br />

und kommunikatives Handeln (1983), S. 103.<br />

553 J. Habermas, Erläuterungen zur Diskursethik (1991), S. 185 ff. (195).<br />

554 So s<strong>ch</strong>on J. Habermas, Moralbewußtsein und kommunikatives Handeln (1983), S. 105.<br />

555 J. Habermas, Erläuterungen zur Diskursethik (1991), S. 194.<br />

556 Vgl. R. Alexy, Theorie <strong>der</strong> juristis<strong>ch</strong>en Argumentation (1978), S. 74 – Lebensform und Spra<strong>ch</strong>spiel.<br />

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