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Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit - servat.unibe.ch

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hen und konsequenterweise alle institutionellen Bes<strong>ch</strong>ränkungen, die dem Wahlgewinner<br />

auferlegt werden, als antidemokratis<strong>ch</strong> einordnen müssen (monistic democrats)<br />

676 . An<strong>der</strong>erseits grenzt er si<strong>ch</strong> gegenüber den 'Re<strong>ch</strong>te-Fundamentalisten' (rights<br />

foundationalists) ab, die das Primat vorpositiver (Freiheits-)Re<strong>ch</strong>te gegenüber <strong>der</strong><br />

Demokratie vertreten 677 . Na<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Idee <strong>der</strong> dualistis<strong>ch</strong>en Demokratie kann je<strong>der</strong> beliebige<br />

Inhalt zum Gegenstand <strong>der</strong> Verfassungsnormsetzung (higher lawmaking track)<br />

gema<strong>ch</strong>t werden 678 . Individuelle Re<strong>ch</strong>te sind dann (aber au<strong>ch</strong> nur dann) Trümpfe<br />

gegenüber einfa<strong>ch</strong>er Gesetzgebung und Regierungspolitik (normal demokratic politics),<br />

wenn sie auf diesem Wege Verfassungsrang erhalten 679 . Damit soll die Idee <strong>der</strong> dualistis<strong>ch</strong>en<br />

Demokratie einen Mittelweg zwis<strong>ch</strong>en dem absoluten, vorpositiv begründeten<br />

Vorrang <strong>der</strong> Re<strong>ch</strong>te einerseits (Re<strong>ch</strong>te-Fundamentalismus) und ihrer völligen<br />

Relativierung dur<strong>ch</strong> das Primat <strong>der</strong> Demokratie an<strong>der</strong>erseits (monistis<strong>ch</strong>e Demokratie)<br />

eins<strong>ch</strong>lagen 680 . Die Unters<strong>ch</strong>eidung von einfa<strong>ch</strong>er und verfassungsän<strong>der</strong>n<strong>der</strong><br />

Normsetzung ist das 'Mediationsinstrument' zwis<strong>ch</strong>en den <strong>Theorien</strong> 681 .<br />

Konkreten Nie<strong>der</strong>s<strong>ch</strong>lag findet die Idee <strong>der</strong> dualistis<strong>ch</strong>en Demokratie in <strong>der</strong><br />

(Re-)Aktivierung <strong>der</strong> verfassunggebenden und <strong>der</strong> verfassungsän<strong>der</strong>nden Gewalten<br />

682 . Neben <strong>der</strong> 'klassis<strong>ch</strong>en' Verfassungsän<strong>der</strong>ung im rigiden System des Artikels<br />

V <strong>der</strong> U.S.-amerikanis<strong>ch</strong>en Verfassung will Ackerman eine 'mo<strong>der</strong>ne' Verfassungsän<strong>der</strong>ung<br />

dur<strong>ch</strong> 'mobilisierte Deliberation' des Verfassungsgeri<strong>ch</strong>ts ausma<strong>ch</strong>en 683 . Eine<br />

Parlamentsmehrheit, die mit ihren Gesetzen am Verfassungsre<strong>ch</strong>t gelten<strong>der</strong> Doktrin<br />

s<strong>ch</strong>eitert, könne mit Beharrungsvermögen und deutli<strong>ch</strong>er Bestätigung in <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>wahl<br />

errei<strong>ch</strong>en, daß das Verfassungsgeri<strong>ch</strong>t einen Interpretationswandel vornimmt,<br />

<strong>der</strong> einer formalen Verfassungsän<strong>der</strong>ung glei<strong>ch</strong>kommt 684 . Die nur bes<strong>ch</strong>ränkte<br />

Übertragbarkeit <strong>der</strong> Idee einer dualistis<strong>ch</strong>en Demokratie auf an<strong>der</strong>e Verfassungsordnungen<br />

gesteht Ackerman zu 685 . Immerhin skizziert er mit diesem Ent-<br />

676 B. Ackerman, We The People (1991), S. 7 f.: Oliver Wendell Holmes, Alexan<strong>der</strong> Bickel, John Ely u.a.<br />

677 B. Ackerman, We The People (1991), S. 10 ff., 33: John Rawls, Robert Nozick u.a., vor allem au<strong>ch</strong> in<br />

Kontinentaleuropa.<br />

678 Vgl. B. Ackerman, We The People (1991), S. 12 ff. (14 f.). Am Beispiel <strong>der</strong> hypothetis<strong>ch</strong>en Verfassungsnorm:<br />

»Christianity is established as the state religion of the American people, and the public<br />

worship of other gods is hereby forbidden.« und Ackermans Beurteilung: »While I hope that I<br />

would stick to my conviction that this Christianity amendment was terribly wrong, I would<br />

uphold it as a fundamental part of the American Constitution«.<br />

679 Zur Idee von 'Re<strong>ch</strong>ten als Trümpfen' vgl. R. Dworkin, Rights as Trumps (1981), S. 153: »Rights are<br />

best un<strong>der</strong>stood as trumps over some background justification for political decisions that states a<br />

goal for the community as a whole.«<br />

680 Vgl. B. Ackerman, We The People (1991), S. 12 f., 32; vgl. S. 171 (third way); 193 (Bezugnahme auf<br />

Hamilton).<br />

681 B. Ackerman, We The People (1991), S. 12: »The basic mediating device is the dualist's two-track<br />

system of democratic lawmaking.«<br />

682 Vgl. unten S. 340 ff. (Verfassungsnormsetzung als realer Diskurs).<br />

683 B. Ackerman, We The People (1991), S. 266 ff. (268) – mobilized deliberation.<br />

684 B. Ackerman, We The People (1991), S. 268: »[T]he Court executes a 'swit<strong>ch</strong> in time' without awaiting<br />

a formal constitutional amendment.«<br />

685 Vgl. B. Ackerman, We The People (1991), S. 320 f. – Deuts<strong>ch</strong>land als Beispiel für eine Verfassungsordnung,<br />

in <strong>der</strong> die Grundre<strong>ch</strong>tsordnung zum unverän<strong>der</strong>li<strong>ch</strong>en Bestandteil erklärt wird (entren<strong>ch</strong>ment).<br />

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