MDCK-MRP2 - Dkfz
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20<br />
Forschungsschwerpunkt A<br />
Zell- und Tumorbiologie<br />
diesen Kernstrukturen liegt auch darin begründet, dass ihre<br />
Anzahl, Struktur und Zusammensetzung offensichtlich mit<br />
Veränderungen in der Genexpression, dem Differenzierungsgrad<br />
einer Zelle sowie pathologischen Veränderungen einhergeht.<br />
Die morphologisch auffälligste intranukleäre Substruktur ist<br />
der Nukleolus. Diese charakteristische Kernstruktur ist ein<br />
Beispiel für eine multifunktionelle Kerndomäne. Neben seiner<br />
bekannten Grundfunktion in der Ribosomenbiosynthese<br />
konnten dem Nukleolus in jüngster Zeit zusätzliche Funktionen<br />
sowohl bei der Zellzyklus-Kontrolle, dem Kernexport<br />
von Proteinen, bei Alterungsprozessen als auch bei der<br />
Bildung oder dem Transport verschiedenster Ribonukleoproteinpartikel<br />
nachgewiesen werden. Der Nukleolus ist<br />
seit Jahrzehnten der prominenteste Zellkernmarker für die<br />
Krebsdiagnose. Sowohl die Nukleolusstruktur als auch die<br />
dort stattfindenen Prozesse unterliegen signifikanten Veränderungen<br />
in malignen Zellen. Daher sind detaillierte<br />
Kenntnisse der Funktion und Struktur des Nukleolus, seiner<br />
molekularen Zusammensetzung sowie der Regulationsmechanismen<br />
der Ribosomenbiogenese von großer Bedeutung<br />
auch für das Verständnis der molekularen Ereignisse,<br />
die während der Entstehung von Tumorzellen stattfinden.<br />
Aufbauend auf früheren und aktuellen Ergebnissen ist eines<br />
der Hauptziele dieser Arbeitsgruppe, neue nichtribosomale<br />
Proteine des Nukleolus zu identifizieren, biochemisch<br />
und molekularbiologisch zu charakterisieren und in<br />
ihrer strukturellen Anordnung innerhalb des Nukleolus aufzuklären.<br />
Als biologisches Ausgangsmaterial dienen dafür<br />
häufig die Oocytenkerne des Krallenfrosches Xenopus laevis.<br />
Diese enthalten eine hohe Anzahl extrachromosomaler,<br />
amplifizierter Nukleolen (ca. 1000/Kern) und sind somit<br />
prädestiniert für die Untersuchung topologischer Prinzipien<br />
der Ribosomen-Biosynthese sowie der strukturellen<br />
Organisation dieser intranukleären Hauptkomponente.<br />
Ein spezieller Schwerpunkt unserer Arbeiten ist die Identifizierung<br />
bzw. Charakterisierung von Strukturproteinen<br />
(Karyoskelett-Proteine) des Zellkerns. Von besonderer<br />
Bedeutung war daher die kürzlich gelungene Identifizierung,<br />
Klonierung und Sequenzierung eines neuartigen,<br />
nukleolären Proteins NO145 aus Oocytenkernen, das sich<br />
in seinen Eigenschaften und insbesondere in seiner Topologie<br />
von allen bisher bekannten Nukleolusproteinen unterscheidet.<br />
Die biochemischen Eigenschaften von NO145<br />
(resistent gegen Extraktionen mit Puffern hoher Ionenstärke<br />
und Detergenz) lassen den Schluss zu, dass es sich<br />
Abb. 1: (A): Differenzielle Interferenzkontrast-Aufnahme (DIC)<br />
eines Nukleolus einer Kerninhaltsspreitung von Xenopus laevis<br />
Oocyten.<br />
(B): Entsprechende konfokale Laserscan Aufnahme einer<br />
Doppelimmunfluoreszenz von Protein NO145 (grün) und Protein<br />
xNopp180 (rot).<br />
Eichstrich: 5 µm (aus: Kneissel et al. 2001 Mol Biol Cell 12: 3904-18)<br />
Abteilung A010<br />
Zellbiologie<br />
DKFZ 2004: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2002 - 2003<br />
hierbei um ein Nukleolus-spezifisches „Karyoskelett-Protein“<br />
handelt. Die Analyse seiner Primärsequenz zeigte, dass<br />
es sich um ein neuartiges Protein handelt, das interessanterweise<br />
in einem kurzen N-terminalen Abschnitt auffällig<br />
hohe Sequenzhomologie zum Protein SCP2 der Ratte, einem<br />
strukturbildenden Protein des meiotischen Synaptonemalkomplexes,<br />
aufweist. Letzteres deutet auf eine funktionelle<br />
Verwandtschaft dieser beiden strukturbeteiligten<br />
Kernproteine hin. Die Gewinnung NO145-spezifischer Antikörper<br />
ermöglichte eine detaillierte Untersuchung dieser<br />
neuen Nukleoluskomponente. Mittels licht- und elektronenmikroskopischer<br />
Immunlokalisierungsstudien konnte gezeigt<br />
werden, dass NO145 spezifisch in einem filamentösen Netzwerk<br />
im Cortex der amplifizierten Nukleolen vorliegt, wobei<br />
seine Anordnung von der Konzentration bivalenter Ionen<br />
abhängig ist.<br />
Protein NO145 ist in allen Stadien der Oogenese vorhanden.<br />
Kommt es allerdings zur Eireifung und damit zur Auflösung<br />
der Kernhülle und der Nukleolen, ist es nicht mehr<br />
nachweisbar. „Northern-Blot“-Analysen haben allerdings<br />
gezeigt, dass das Verschwinden von NO145 nicht auf der<br />
RNA-Ebene reguliert wird. Zur Zeit wird der für die spezifische<br />
Degradation von NO145 verantwortliche Mechanismus<br />
auf molekularer Ebene analysiert. Da Protein NO145<br />
bisher nur in den Nukleolen der Xenopus-Oocyte nachgewiesen<br />
werden konnte, sollen künftige Untersuchungen<br />
zeigen, ob eine ähnliche nukleoläre Gerüststruktur in anderen<br />
Zelltypen und Spezies durch ein homologes oder<br />
analoges Protein gebildet wird. Als Arbeitshypothese zur<br />
Funktion dieses Proteins wird eine tragende Rolle als topogenes<br />
Karyoskelett-Element vorgeschlagen: Protein NO145<br />
bildet unter physiologischen Bedingungen ein filamentöses<br />
Netzwerk, das den nukleolären Cortex bestimmt, der nukleoläre<br />
Strukturen zu einem spezifischen Reaktionsraum<br />
(Subkompartiment) umschließt und so Größe und Aussehen<br />
der amplifizierten Oocyten-Nukleolen beeinflußt<br />
(Kneissel, 2001, Doktorarbeit an der Fakultät für Biologie,<br />
Universität Heidelberg; Kneissel et al., 2001, Mol. Biol. Cell<br />
12, 3904-3918) (Abb 1).<br />
Es wurde auch damit begonnen, die nukleären bzw. nukleolären<br />
Bindungspartner gut charakterisierter, in ihrer Primärsequenz<br />
bekannter und während der Evolution hochkonservierter<br />
Nukleolusproteine (NO38, NO29, NOH61,<br />
xNopp180 etc.) sowohl auf Nukleinsäure- als auch auf Proteinebene<br />
zu identifizieren, um Aufschluss über mögliche<br />
Wechselwirkungen und biologische Funktionen dieser Proteine<br />
zu erhalten und die Charakterisierung topogener Komplexe<br />
des Nukleolus zu ermöglichen. Darüber hinaus wird<br />
die architektonische und/oder funktionelle Bedeutung dieser<br />
Proteine mittels RNA-Interferenz-Technik untersucht.<br />
Kürzlich gelang die Identifizierung und molekulare Charakterisierung<br />
eines neuartigen, evolutionär hoch konservierten<br />
Nukleolusproteins (Protein NO66). Dieses zeigt ein interessantes<br />
intrazelluläres Verteilungsmuster: neben einer signifikanten<br />
Anreicherung in den Nukleolen akkumuliert es<br />
in den meisten Zelltypen zusätzlich in distinkten nukleoplasmatischen<br />
Substrukturen. Ko-Lokalisierungsstudien mit<br />
den Proteinen Ki-67, HP1α und PCNA zeigten, dass Protein<br />
NO66 innerhalb des Kernplasmas mit bestimmten Bereichen<br />
spät replizierendem Chromatin assoziiert ist. Während<br />
biochemische Analysen daraufhinweisen, dass Protein NO66<br />
im Komplex mit Vorläufermolekülen der großen Ribosomenuntereinheit<br />
vorliegt, ist seine Funktion bei der Bildung/<br />
Aufrechterhaltung heterochromatischer Bereiche noch<br />
unklar. Offensichtlich übt dieses Protein neben einer wich-