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410 Die Sprache.<br />

an die Fähigkeiten eines Hundes wieder allzugrosse Ansprüche<br />

zu machen.i)<br />

Ich bin also der Meinung, dass die Ansicht, welche einen<br />

qualitativen Unterschied zwischen Thier- und Menschenintelligenz<br />

annimmt, der Rest eines alten Aberglaubens ist. Ich kann nur<br />

einen qiiaiititativen, einen Gradunterschied in der Thierreihe<br />

(den Menschen mit inbegriffen) sehen, der ja mit dem Abstand<br />

der Glieder gewaltig wird. Je tiefer wir herabsteigen, desto<br />

schwächer wird das individuelle Gedächtniss, desto liürxer werden<br />

die Associationsreihen, die dem Thier zur Yerfügung stehen.<br />

Ein ähnlicher Unterschied besteht schon zwischen dem Kind und<br />

dem Erwachsenen. Ebenso sehe ich zwischen Thier- und<br />

Menschensprache nur einen quantitativen Unterschied. Erstere<br />

ist ärmer und folglich unbestimmter. Derselbe Unterschied<br />

besteht aber schon zwischen Menschensprachen verschiedener<br />

Entwicklung. Selbst in den höchst entwickelten Menschensprachen<br />

kommt es vor, dass der volle Sinn einer Aeusserung<br />

erst durch die Situation bestimmt wird, während bekanntlich<br />

Sprachen von niederer Entwicklung oft genug die Gebärden zu<br />

Hülfe nehmen müssen, so dass sie zum Theil im Dunkeln unverständlich<br />

sind.<br />

4. Ich meine also, dass es zweckmässig w^äre, die Frage nach<br />

dem Ursprung der Sprache überhaupt vorläufig ruhen zu lassen,<br />

und vielmehr die Frage zu stellen: Wie hat sich die Thiersprache<br />

XU dem grösseren Reichthum und der grösseren Bestimmtheit<br />

der Menschensprache entiviclielt? Vor allem wird so<br />

die Discontinuität zwischen Nichtsprechen und Sprechen, welche<br />

ij Lubbock versieht Büchsen mit den Aufschriften (!): „Brocl, Fleisch,<br />

Milch" und bringt es dahin, dass der Hund dieselben unterscheidet — aber<br />

doch gewiss viel eher nach irgend einem anderen Merkmal, als jenem der<br />

Aufschrift. Ein Beispiel von der üblichen Ueberschätzung des Hundeinteilekts<br />

ist folgendes. Ein junger Hund lernt das „Bitten" um Zucker xi. s. w. Eines<br />

Tages wird er beobachtet, wie er allein in einem Zimmer mit einem Canarienvogel,<br />

der Zucker an seinem Käfig hat, sich aufs „Bitten" legt. Man interpretirt<br />

das als eine Bitte an den Canarienvogel, während es eine einfache<br />

Association der Bewegung mit dem Anblick des Zuckers ist. — Was für Analogien<br />

und lange Reihen von Associationen müssten dem Hund zur Verfügung<br />

stehen, wenn die Interpretation richtig wäre. Er würde sich dann wie ein Neger<br />

verhalten, der von einem Fetisch erfleht, was er von diesem nicht erhalten<br />

kann. Zu einer so kapitalen Dummheit aber — so paradox es klingen mag<br />

— gehört viel mehr Vernunft, als einem Hund zur Verfügung steht.<br />

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