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Das Edictum Perpetuum / Otto Lenel

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162 Tit. XIV. § 58<br />

der ductio oder missio in bona.' Bekannte sich umgekehrt der Gegner<br />

nicht als dominus, so hinderte ihn das nicht, gleichwohl das iudicium noxale<br />

zu übernehmen, — denn die Defension des seruus praesens stand cum satisdatione<br />

jedem frei; 2 übernahm er es aber nicht, so konnte sich der Kläger<br />

jedenfalls ohne weiteres zur ductio des Sklaven ermächtigen lassen,3 brauchte<br />

sich jedoch, wenn der Gegner trotz seines Leugnens der wirkliche Eigentümer<br />

war, mit der bloßen ductio durchaus nicht zu begnügen; denn der<br />

Eigentümer des Delinquenten ist, wenn er ihn nicht defendieren will, zur<br />

noxae deditio, d. h. zu positivem Handeln, zur Übertragung des zivilen<br />

Eigentums im Wege der Manzipation verbunden.4 Der Kläger hatte daher<br />

ein ganz entschiedenes und wohlberechtigtes Interesse daran, von seinem<br />

Gegner in der Eigentumsfrage wahrheitsgetreu berichtet zu werden, und<br />

dieses Interesses nahm sich mit Fug der Prätor an, indem er dem Kläger<br />

Fragerecht und, wenn er sich imstande fühlte, das geleugnete Eigentum<br />

des Beklagten zu beweisen, iudicium sine noxae deditione gewährte und<br />

so das Lügen für letztem gefahrvoll machte. Die Zuständigkeit gedachten<br />

Iudiciums wird m. E. durch (9 . 1) r § i 5 zur Evidenz bewiesen. Die gleiche<br />

Behandlung wird auch für den Fall zu vermuten sein, wenn der Beklagte<br />

auf die interrogatio an eins sit schwieg; doch wäre auch denkbar, daß das<br />

Schweigen als Verletzung einer Defensionspflicht ductio des Schweigenden<br />

selbst oder sonstigen prätorischen Zwang nach sich zog.<br />

Ganz anders lag die Sache bei Abwesenheit des Sklaven. Wenn<br />

freilich B e s e l e r 5 meint, einen seruus absens habe der dominus überhaupt<br />

hatte wie der wirkliche dominus, sondern nur,<br />

daß ihn die zivilrechtlich wirkungslose noxae<br />

deditio nicht ipso iure liberierte. Doch wird<br />

der Erwerber, wie sich aus dem echten Anfang<br />

von fr. 28 h. t. ergibt, publizianisch geschützt,<br />

s. auch Ulp. 16 (6. 2) 5. Es wäre<br />

m. E. ja auch praktisch undenkbar, daß man<br />

demjenigen, der sich als dominus bekannt<br />

hatte, nicht die gleichen Pflichten auferlegt<br />

hätte wie dem wirklichen dominus.<br />

' Vgl. S. 161 n. 5. Nur weil sich der Beklagte<br />

durch noxae deditio stets der Defension<br />

entziehen kann, heißt es in fr. 33 h. t.:<br />

Noxali iudicio inuitus nemo cogitur alium<br />

defendere.<br />

2 Arg. h. t. 39 § 1, (2. 9) 2 § T.<br />

3 (2. 9) 2 § r. Vgl. ferner h. t. 32, 26 § 6,<br />

28, 31, (6. 2) 6. In fr. 26 § 6 cit. sind die<br />

Worte „uel etiam praesente" interpoliert.<br />

Pissard, ēt. Girard 247 scheint den Text<br />

dahin mißzuverstehen, als ob ich die ductio<br />

nicht in jedem Fall der Defensionsweigerung<br />

zulassen wolle, sondern sie auf den Fall beschränke,<br />

oü I'adversaire de la victime ne<br />

fournit pas de caution. Davon ist natürlich<br />

keine Rede.<br />

4 Callistr. 2 h. t. 32: si non defendatur,<br />

ducitur; et si praesens est dominus, tradere<br />

(Callistratus schrieb ohne allen Zweifel mancipio<br />

dare) eum et de dolo promittere debet.<br />

Vgl. ferner 21 pr., 22 § 3, 28, 29. Sehr<br />

mit Unrecht halten E i s e l e, SZ 1 3 , 124,<br />

Biondi, a. a. 0. 207. 295 u. die dort Angef.<br />

die Einschärfung der Deditionspflicht in<br />

fr. 21 pr., 29, 32 cit. für interpoliert. Daß die<br />

Pflicht zur noxae deditio Pflicht zur Manzipation<br />

bedeutet, erweist auch Gai. 1, 141, IV,<br />

79 (s. SZ 47, I z f.). Pissard, a. a. 0. 251,<br />

wundert sich, daß die Manzipationspflicht<br />

h. t. 32 nur dem dominus praesens auferlegt<br />

werde; aber manzipieren kann doch nur der<br />

dominus praesens; die praesentia aber kann<br />

durch in ius vocatio jederzeit erzwungen<br />

werden. Er fragt auch noch (ebenso auch<br />

Biondi, a. a. 0. 294f.), welchen Wert denn<br />

das zivile Eigentum neben dem durch das<br />

bloße ducere erreichbaren prätorischen<br />

Rechtsschutz für den Kläger hätte haben<br />

sollen; man könnte ebensowohl fragen,<br />

warum die Römer jenes überhaupt neben<br />

dem bonitarischen beibehalten haben.<br />

5 SZ 46, 104.

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