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Das Edictum Perpetuum / Otto Lenel

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66 Tit. V. §<br />

Digesten überlieferten Ediktinhalt selbst wird klar, daß hier im Edikt von<br />

einer eigenartigen Form der Gestellungsbürgschaft die Rede war. Ein<br />

sponsor oder fideiussor wird mit der actio ex stipulatu belangt: wider den<br />

angeblichen „fideiussor iudicio sistendi causa datus" ist, wie wir unten sehen<br />

werden, eine prätorische actio in factum auf quanti ea res erit proponiert.<br />

Der Vadimoniumsbürge haftet auf reum certo die sisti: jener „fideiussor"<br />

haftet nur dafür, daß der Beklagte überhaupt künftighin zu haben sein wird,<br />

und er kann daher erst dann selber in Anspruch genommen werden, wenn<br />

ihm in einem Dekret des Prätors aufgegeben worden ist, den eigentlichen<br />

reus zu einer in diesem Dekret zu bestimmenden Zeit zu exhibieren, und<br />

gleichwohl die Exhibition nicht erfolgt ist. Diesen Tatsachen gegenüber<br />

an eine in Stipulationsform erfolgende Bürgschaft' oder gar an ein eigentliches<br />

Vadimonium zu denken, ist m. E. schlechthin unmöglich. 2 Auch<br />

beachte man, daß die in den Digesten überlieferte Bezeichnung sprachlich<br />

mehr als bloß anstößig ist. Kann man auch im Deutschen allenfalls sagen,<br />

jemand sei wegen einer Leistung Bürge geworden, — im Latein der<br />

guten Zeit kann der Inhalt eines Versprechens niemals, wie es durch das<br />

Wort causa geschieht, als Grund oder Zweck des Versprechens bezeichnet<br />

werden. Sowenig die Klassiker eine Verbürgung pecuniae dandae, iudicati<br />

soluendi, rati habendi causa kennen, sowenig können sie von einer<br />

solchen iudicio sistendi causa gesprochen haben.3<br />

Beruhte die Verpflichtung des Vindex weder auf sponsio noch auf<br />

fideiussio, so fragt sich, wie wir uns sonst die Art seines Eintretens vorzu-<br />

' So Demelius, SZ 2, 8ff., Schloßmann,<br />

SZ 24, 279ff., Grünhuts Zschr. 32,<br />

193 ff. In der ersten dieser Abhandlungen<br />

hatte Schloßmann die technische Bedeutung<br />

des Wortes „uindex" ganz und gar<br />

geleugnet, in dem Vindex des Gaius nichts<br />

gefunden als einen Bürgen i. allg.; auch in<br />

der zweiten nimmt er ihn noch als einen<br />

Gesamtbegriff, der nicht nur den Vindex bei<br />

der legis actio per manus iniectionem und<br />

der in ius uocatio in sich faßt, sondern auch<br />

den sponsor bei der cautio iudicatum solui<br />

und den Vadimoniumsbürgen. Wie er dies<br />

zu rechtfertigen sucht, muß man bei ihm<br />

selbst nachlesen. Wunderlich ist die Bestimmtheit,<br />

mit der Schl. bei Grünh 200 versichert,<br />

der Vindex in der 1. col. Gen. c. 61<br />

könne nur von dem Bürgen bei der cautio<br />

iud. solui verstanden werden, während doch<br />

das Gesetz eine m. i. iure iudicati anordnet<br />

und Gai. IV, 25 ausdrücklich berichtet, solange<br />

die legis actiones in usu gewesen seien,<br />

habe der iudicatus immer noch den alten<br />

uindex stellen müssen. Über 1. Rubr. c. 21<br />

i. f. s. unten S. 70.<br />

2 A. M. allerdings Schloßmann a. a. O.<br />

Was er bei Grünh. 218ff. vorbringt, läuft<br />

darauf hinaus, daß die von ihm unterstellte<br />

promissio des Vindex so unzweckmäßig formuliert<br />

gewesen wäre, daß der Prätor, um<br />

unerträglichen Konsequenzen vorzubeugen,<br />

sich genötigt gesehen hätte, der an sich zuständigen<br />

actio ex stipulatu nicht etwa bloß<br />

ausnahmsweise, sondern für die Regelfälle<br />

eine actio in factum zu substituieren.<br />

3 Die hierauf bezügliche Bemerkung SZ<br />

25, 236 ist von Schloßmann, Grünh. Z. 32,<br />

195 mißverstanden worden. Er schiebt mir<br />

die Meinung unter, als ob im Lateinischen<br />

ein Attribut, aus Substantiv und Präposition<br />

bestehend, unmöglich sei, und glaubt, mich<br />

demgegenüber auf Wendungen wie mortis<br />

causa donatio, bonorum possessio secundum<br />

tabulas und ähnl. aufmerksam machen zu<br />

sollen. Vom Standpunkt jenes Mißverständnisses<br />

aus hätte er übrigens genauer untersuchen<br />

müssen, ob gerade die Präposition<br />

causa in dieser Weise wie an das die Handlung<br />

bezeichnende Substantiv (z.B. donatio),<br />

so auch an das den Handelnden bezeichnende<br />

(z. B. donator) angehängt zu werden<br />

pflegt.

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