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Das Edictum Perpetuum / Otto Lenel

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12 Feststellung der Materienfolge im Edikt<br />

Julianischen System folgen, gerade hier von diesem System abzuweichen<br />

und eine, wenn nicht durchgängige, so doch teilweise Übereinstimmung<br />

mit der Paulinischen Ordnung zu zeigen. I Die ganze Erscheinung<br />

fordert ohne Zweifel gar sehr zum Nachdenken heraus. Alle früheren Bearbeiter<br />

des Edikts geben ohne irgendwelche Begründung dem Julian-<br />

Ulpianischen System den Vorzug. Käme es nun für die Entscheidung der<br />

Frage lediglich bloß darauf an, welches System uns als das verhältnismäßig<br />

bessere erscheint, so möchte man sich dabei beruhigen: die Julianisch-Ulpianische<br />

Ordnung entspricht systematischen Anforderungen gewiß weit eher<br />

als die Gaianisch-Paulinische. Die Sache liegt aber gerade umgekehrt: das<br />

befriedigendere System hat in Fragen wie die vorliegende die Wahrscheinlichkeit<br />

gegen sich. 2 Eine Ordnung, wie sie uns Julian und, ihm vermutlich<br />

folgend, Ulpian zeigen, die können sich die Juristen sehr wohl selber<br />

zurechtgemacht haben, um den Schwierigkeiten zu entgehen, die das unsystematisch<br />

abgefaßte Edikt der Darstellung in den Weg legte. Eine<br />

Ordnung dagegen, wie die Paulinische, wo die Publiciana der rei uindicatio,<br />

die actio de effusis der actio legis Aquiliae vorausgeht, ist nimmermehr im<br />

Kopf dieses Juristen entstanden: sie ist uns nur unter der Voraussetzung<br />

verständlich, daß sie durch die Vorlage gegeben war. Man mag über das<br />

Systembedürfnis der Römer denken wie man will, niemals konnte ein<br />

überlegender Mensch, wenn das Julian-Ulpianische System das des Edikts<br />

war, darauf verfallen, die vernunftgemäße und für ihn bequemste Reihenfolge<br />

der Materien in solcher Weise geradezu umzukehren. Ich halte es<br />

daher für völlig zweifellos, daß die Paulinische Ordnung hier die des Albums<br />

ist, und habe sie meinem System zugrunde gelegt. Sieht man näher zu,<br />

so bemerkt man sehr bald, daß auch diese Ordnung keineswegs willkürlich<br />

ist. Die Edikte über interrogatio in iure, Eid usw., die bei Paulus zuerst<br />

stehen, bilden m. E. den Inhalt des Titels de iudiciis (tit. XIV der Übersicht),<br />

den Julian und Ulpian, weil er ihnen systematisch unbequem war,<br />

I Vgl. Marcell. nr. 27, Tryph. nr. 18, sehr<br />

viel weniger schlüssig Cels. nr. 25. 26, noch<br />

weniger Papin. nr. 117. Allzugroßes Gewicht<br />

möchte ich auf diese wenigen Stellen nicht<br />

legen. Man bedenke, daß die Werke, denen<br />

sie entstammen, keine Kommentare sind,<br />

sondern sich nur in der Reihenfolge ihrer Erörterungen<br />

an das Ediktsystem anschließen,<br />

und daß es sich hier um vereinzelte, aus<br />

dem Zusammenhang gerissene Äußerungen<br />

handelt. Wir können hier nirgends mit Bestimmtheit<br />

sagen, daß wir die eigentliche<br />

sedes materiae vor uns haben, und nicht<br />

vielleicht bloß gelegentlich der Inhalt eines<br />

systematisch anderswohin gehörigen Edikts<br />

angezogen ist. Zu weit geht daher m. E.<br />

Girard, NRH 1904, 140. Auch Paul. (ad<br />

Plaut.) nr. io8o kann nicht mit Sicherheit zur<br />

Bestätigung des Paulinischen Systems herangezogen<br />

werden; die Stelle könnte z. B. sehr<br />

wohl zu einer Erörterung über die actio<br />

confessoria ex 1. Aquilia gehören.<br />

2 Schwer verständlich sind mir die Ausführungen<br />

bei G l a s s o n, etude sur Gaius<br />

(1885) 282ff. Er läßt mich dem Paulinischen<br />

System den Vorzug geben, weil dieses das<br />

logischere sei, d. h. er läßt mich das Gegenteil<br />

von dem behaupten, was ich wirklich<br />

sage. Dann widerlegt er diese meine ang<br />

e b l i c h e Ansicht genau mit dem Argument,<br />

das ich im Text wider das Julianisch-<br />

Ulpianische System verwende: selon nous<br />

c'est precisement parce que ce plan est le<br />

plus methodique qu'il faut le declarer<br />

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