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Das Edictum Perpetuum / Otto Lenel

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Tit. XIV. § 5 8163<br />

nicht defendieren können, so widerspricht diese Annahme nicht nur ausdrücklichen<br />

Quellenzeugnissen, die durch verwegene Interpolationistik aus<br />

dem Weg geräumt werden müssen, sondern auch den elementarsten Anforderungen<br />

der Billigkeit. Sollte wirklich der dominus, auf eine vielleicht<br />

ganz haltlose Beschuldigung hin, haben gezwungen werden können, seinen<br />

Sklaven, den er etwa in wichtigen Geschäften ans Ende der römischen<br />

Welt geschickt hatte, nach Rom kommen zu lassen, wenn er ihn gegen<br />

die actio noxalis defendieren wollte? <strong>Das</strong> ist m. E. ganz undenkbar. Die<br />

römische Ordnung war m. E. die folgende. Gab der in ius vozierte Gegner<br />

sein Eigentum am seruus absens zu, so konnte er doch immer seine Defensionspflicht<br />

bestreiten, indem er sich darauf berief, er habe den Sklaven<br />

nicht in potestate. Daher die Notwendigkeit einer besondern interrogatio<br />

de facto, die in unserm Edikt vorgesehen war. Diese interrogatio wurde<br />

nicht etwa mit der interrogatio de iure verbunden,' sondern hatte eine ganz<br />

selbständige und leicht zu verstehende Bedeutung. Man muß sich die Lage<br />

bei Bejahung und bei Verneinung der Frage vergegenwärtigen.<br />

Bejahte der Belangte die Frage, an seruus in potestate eius sit, so trat<br />

die Frage an seruus eius sit gänzlich in den Hintergrund. Denn gesetzt<br />

auch, daß der Belangte nicht der Eigentümer, und also in der Lage war,<br />

die Frage nach dem Eigentum ganz wahrheitsgemäß zu verneinen, so<br />

konnte er sich doch dadurch unmöglich jeder Haftung entziehen; die gegenteilige<br />

Annahme würde darauf hinauslaufen, daß der im Besitz befindliche<br />

Dieb des Delinquenten diesen seinen Besitz dem Verletzten gegenüber<br />

ruhig hätte behalten dürfen. Vielmehr ist klar, daß, wer den Besitz an<br />

dem abwesenden Sklaven zugestanden hatte, eines von zwei Dingen tun<br />

mußte: entweder, ob Eigentümer oder nicht, sich zur Übernahme des<br />

iudicium noxale erbieten (seruum defendere), 2 oder die künftige Stellung<br />

des Sklaven versprechen, um die ductio zu ermöglichen, eventuell ihn als<br />

seruus praesens noxae zu dedieren. 3 Genau dies ist das Bild, das uns die<br />

Quellen gewähren. „Dominus, qui seruum in sua potestate esse confitetur,<br />

aut exhibere eum debet aut absentem defendere", sagt Paul. 18 h. t. 22 § 3,4<br />

und die gleiche Wahl zwischen defensio und cautio de exhibendo stellt<br />

So irrig SZ 20, 9 und ēd. perp. I, 183.<br />

Nirgends tritt in den Quellen eine solche<br />

Verbindung hervor.<br />

2 Defensionsberechtigt war er freilich<br />

nur, wenn Eigentümer. Bestritt Kläger seine<br />

Eigentümerqualität, so konnte er das Defensionsanerbieten<br />

ablehnen und cautio de<br />

seruo exhibendo verlangen. In fr. 2 1 § 1 h. t.<br />

ist der Passus „ aut si dubitetur" zwar sicher<br />

itp., aber sachlich nicht unrichtig. Über ein<br />

solches Verlangen entschied dann der Prätor<br />

causa cognita. Die Ausführungen Beselers<br />

(II, 13o) sind mir trotz wiederholten Bemühens<br />

nicht verständlich geworden. Dun-<br />

kel ist mir insbesondere geblieben, was B.<br />

unter dem „offenbaren" Eigentümer versteht.<br />

Im Prozeß gibt es m. E. nur streitiges<br />

oder unstreitiges Eigentum. B.s damaliger<br />

Standpunkt ist wohl heute (SZ 46, 1 o4) von<br />

ihm verlassen.<br />

3 Tut er keines von beiden, so unterliegt<br />

er selbst der ductio, s. oben S. 161 n. 2. Ist<br />

der Sklave exhibiert, so ist er praesens, und<br />

es greifen dann die im Text weiter oben dargelegten<br />

Grundsätze Platz.<br />

4 Von Beseler SZ 46, 114 mit Unrecht<br />

beanstandet.

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