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Das Edictum Perpetuum / Otto Lenel

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Tit. XVII; § 95<br />

scheiden können, da doch die certa res unbestritten als certum galt' und<br />

schon der Gegensatz der actio incerti ex stipulatu 2 (die sog. condictio incerti<br />

lasse ich mit Rücksicht auf das in § 57 Ausgeführte beiseite) die<br />

Unterordnung der condictio certae rei unter den Begriff der condictio certi<br />

gefordert haben würde? Dazu kommt, daß Paul. 28 h. t. 6, der den Begriff<br />

„certum" mit offenbarer Rücksicht gerade auf die Rubrik „si certum petetur"<br />

erörtert, seiner Definition nach darunter ebenso die certa res wie die<br />

certa pecunia begreift. 3 Es ist ganz und gar unglaublich, daß das Edikt<br />

hinsichtlich des „certum petere" einem Sprachgebrauch folgte, der von<br />

demjenigen der gesamten klassischen Literatur abweichen würde. Vielmehr<br />

haben wir alle Ursache, dem Wortlaut von fr. i pr. cit. zu mißtrauen.<br />

Nicht Ulpian, die Kompilatoren sind es, die, wie nicht nur aus dieser Stelle,<br />

sondern ebenso auch aus fr. 9 pr. § 3 h. t. hervorgeht, condictio certi und<br />

condictio certae pecuniae haben identifizieren wollen. In fr. i pr. cit. dürften<br />

sie die Worte „si certum petetur" an Stelle der von Ulpian angeführten<br />

auf certa pecunia gestellten Formel gesetzt und den recht ungeschickten<br />

Schlußsatz ganz hinzugefügt haben. Fr. 9 cit. aber ist nicht nur, worauf<br />

ich schon in der i. Aufl. hinwies, durch jene Identifizierung verdäcfitig: Stil<br />

und Inhalt der Stelle setzen, wie seither die Untersuchungen von Naber4<br />

und P e r n i c e s erwiesen haben, auch sonst die Tatsache der Interpolation<br />

in den für uns entscheidenden Sätzen außer jeden Zweifel. 6 Sehen wir uns<br />

nach dem sonstigen Sprachgebrauch um, so finden wir den Ausdruck certi<br />

condictio in der gesamten Justinianischen Kompilation nur noch ein einziges<br />

Mal, — in fr. 12 (46. 2), wo der Satz, der ihn enthält, ebenfalls interpolationsverdächtig<br />

ist;7 der Ausdruck certum condicere begegnet einmal,<br />

— in fr. 28 § 4 (12. 2), wo jedenfalls eine ausschließliche Beziehung auf die<br />

condictio certae pecuniae nicht erkennbar ist; der Ausdruck certi condicere<br />

ebenfalls einmal in fr. 17 § 2 (25. 2) -, er ist unlateinisch und wird überdies<br />

in der Stelle mit Bezug gerade auf eine condictio certae rei gebraucht. In<br />

Anders freilich (42. 2) 6 pr. § 1, wo die<br />

confessio certae rei anscheinend der confessio<br />

incerti gleichgestellt wird. Allein<br />

auch diese Stelle ist ganz zweifellos interpoliert<br />

oder durch Glosseme entstellt, vgl.<br />

meine Paling. II, 996 n. 2, Pernice, SZ 14,<br />

164ff., Giffard, NRH 1 9 o5, 45i ff. Wären<br />

aber die entscheidenden Worte (uel Corpus<br />

... oportere) auch echt, so würden sie doch<br />

nur beweisen, daß die confessio certae rei<br />

der confessio incerti gleichgalt, während<br />

nach fr. i pr. (13. 3 ) die certa res als Gegenstand<br />

einer condictio geradezu einen Gegensatz<br />

zum certum bilden müßte, in Wirklichkeit<br />

aber einen Gegensatz zum incerturn<br />

bildet. Dies gegen Baron, Condictionen<br />

88.<br />

2<br />

Vgl. namentlich (45. i) 74, h. t. 24: Si<br />

233<br />

quis certum stipulatus fuerit, ex stipulatu<br />

actionem non habet, sed illa [condicticia]<br />

actione id persequi debet, per quam<br />

certum petitur. Bei dem certum hier<br />

bloß an die certa pecunia zu denken, scheint<br />

mir der Tatsache gegenüber, daß auch bei<br />

stipulatio certae rei die actio ex stipulatu<br />

nicht stattfindet, schlechterdings unmöglich.<br />

A. M. Baron, a. a. O. 127.<br />

3 Vgl. hierzu auch Hu s c h k e, d. L. d.<br />

röm. Rts. vom Darlehen (1882) 211f.<br />

4 Obs. 18 (Mnemos. zo, 182f.).<br />

5 SZ 13, 250ff.<br />

6 So jetzt die entschieden herrschende<br />

Meinung, vgl. die bei v. Koschembahr-<br />

Lyskowski, die Condictio II, 4 n. 1 angef.<br />

Literatur.<br />

7 Pernice, Labeo III`, 204.

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