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Das Edictum Perpetuum / Otto Lenel

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24 Die Hauptabschnitte des Edikts<br />

Gesichtspunkt erweist sich als durchaus unzulänglich bei dem letzten Titel<br />

des Abschnitts, demjenigen de iniuriis, der weder mit Besitz noch mit Gewalt<br />

irgend etwas zu tun hat und doch von keinem der vorhergehenden<br />

Titel attrahiert sein kann. Aber sogar wenn man diesen Einwurf übersehen<br />

wollte: entscheidend ist gegen Rudorffs Hypothese schon das, daß<br />

alle die obigen Aktionen von den Römern selbst nirgends auch nur andeutungsweise<br />

zum Besitzschutz in Beziehung gestellt werden. Nicht darauf<br />

kann es ankommen, ob wir Modernen im Wege der Abstraktion zu einem<br />

Begriff des Besitzschutzes gelangen können, unter den jene Aktionen (wie<br />

übrigens auch zahlreiche andere) besser oder schlechter passen, sondern<br />

allein darauf, ob ein solcher Begriff bei den Römern und speziell bei den<br />

Römern spätestens zur Zeit Hadrians lebendig war. Wird nun dieses letztere<br />

irgend jemand behaupten können? ist von einem Begriff des Besitzschutzes,<br />

wie ihn Rudorff aufstellt, in den Quellen irgendwo die geringste<br />

Spur zu entdecken? und wenn nicht, wie will man behaupten, daß eben<br />

dieser Begriff bei der Systematisierung des wichtigsten legislatorischen<br />

Werks, das die Römer hatten, eine Hauptrolle gespielt habe? Und noch<br />

ein Weiteres. Rudorff selbst hat nachgewiesen, eine wie untergeordnete<br />

Rolle im Ediktsystem die Schuldistinktionen spielen. Alles ist hier — wir<br />

werden das unten bestätigt finden — nach praktisch-ökonomischen Rücksichten<br />

geordnet: diesen gegenüber tritt beispielsweise selbst der uralt hergebrachte<br />

Gegensatz zwischen actiones in rem und in personam in zweite<br />

Linie zurück. Und nun sollte jener abgeblaßte, unfaßbare Rudorffsche<br />

Besitzbegriff das Bindeglied eines ganzen Ediktabschnitts sein? die Rücksicht<br />

auf einen solchen Begriff sollte die Ursache gewesen sein, um derentwillen<br />

die Vergehen der Publikanen, der Raub und andere qualifizierte<br />

Fälle der Entwendung in die Nachbarschaft der bonorum possessio und<br />

der causa liberalis gestellt sind, Materien, die in der populär-praktischen<br />

Anschauung noch viel weniger miteinander gemein haben als in der wissenschaftlich-theoretischen?<br />

Glaube das, wer kann.<br />

Ich halte die obigen Erwägungen für völlig ausschlaggebend gegen<br />

Rudorffs Hypothese. Merkwürdig genug nun aber: es läßt sich auch<br />

aus den römischen Ediktwerken selbst nachweisen, daß deren Verfassern<br />

der Begriff „possessio" nicht als das Prinzip des sog. Missionenabschnitts<br />

galt, und die Tatsache, die ich im Auge habe, hätte wohl eine sorgfältigere<br />

Berücksichtigung von seiten Rudorf f s verdient. Mitten in dem sog.<br />

Missionenabschnitt nämlich, mitten unter dessen letzten Titeln finden wir<br />

in den Ediktwerken des Gaius und Paulus, ebenso im System der Julianischen<br />

Digesten, gerade die Materie erörtert, die nach Rudorff die Signatur<br />

des ganzen Abschnitts bilden soll: die Lehre vom Besitz und daran angeschlossen<br />

die von der Usukapion. I Sie steht bei Paulus zwischen dem<br />

Titel de praediatoribus (Paul. 53) und dem de iniuriis (Paul. 55), in demselben<br />

Daher auch die Stellung dieser Lehren in des Paulus sententiae (V, 2) und im Codex<br />

Theod. und tust.

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