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Das Edictum Perpetuum / Otto Lenel

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io<br />

Feststellung der Materienfolge im Edikt<br />

sed in prouinciali solo placet plerisque solum religiosum non fieri,<br />

quia in eo solo dominium populi Romani est uel Caesaris, nos autem<br />

possessionem tantum uel usum fructum habere uidemur: utique<br />

tarnen etiamsi non sit religiosum, pro religioso habetur.<br />

Nach diesem Bericht könne, meinte ich, der Titel de religiosis in das Provinzialedikt<br />

nicht übergegangen sein, auch nicht in veränderter Form: das<br />

Provinzialedikt könne weder die Ansicht der plerique noch die entgegengesetzte<br />

durch seine Fassung sanktioniert haben: sonst hätte Gaius die<br />

Frage, ob Provinzialboden religios werden könne oder nur pro religioso behandelt<br />

werde, unmöglich als eine rein wissenschaftliche, offiziell nicht entschiedene,<br />

erwähnt. Auf die Frage, warum Gaius die betreffenden Erörterungen,<br />

wenn er sie denn doch nicht ganz umgehen wollte oder konnte,<br />

gerade hinter dem Titel de legatis einfüge, gab ich vermutungsweise die<br />

Antwort, er tue dies vielleicht deshalb, weil ihn die Lehre vom Schicksal<br />

des Vermögens eines Verstorbenen (tit. XXV-XXVII der Ediktübersicht:<br />

de bonorum possessionibus, de testamentis, de legatis) auf den Gedanken<br />

des Begräbnisses und der daran sich anknüpfenden Rechtsverhältnisse<br />

brachte. Diese Erklärungsversuche können indes schwerlich befriedigen.<br />

Was die Folge der Titel de exceptionibus und de stipulationibus angeht, so<br />

ist es, wenn auch nicht unmöglich, so doch nicht recht glaublich, daß Gaius,<br />

der Ediktkommentator, um der Korrektheit des Systems willen gerade hier<br />

die Ordnung seiner Vorlage umgekehrt haben sollte. Da hätte das Ediktsystem<br />

an vielen andern Stellen ihm weit schwereren Anstoß geben müssen.<br />

Hätte ferner der Titel de religiosis im Provinzialedikt gefehlt, so mußte es<br />

doch jedem Bearbeiter desselben, der ihn gleichwohl erörtern wollte, am<br />

nächsten liegen, ihn da einzuschieben, wo er im Urbanedikt stand. Es ist<br />

aber die Annahme, daß er dort gefehlt habe, in Wirklichkeit gar nicht<br />

begründet. Mochte man auch theoretisch darüber streiten, ob Provinzialboden<br />

religios im eigentlichen Sinne werden könne, so bestanden doch<br />

auch in den Provinzen die Interessen, zu deren Schutz der Prätor die unter<br />

dem Titel de religiosis vereinigten Edikte erlassen hatte, und in dem<br />

Wortlaut dieser Edikte ist nichts, was ihre Anwendbarkeit in den Provinzen<br />

ausgeschlossen hätte, — jene theoretische Streitfrage hat damit gar<br />

nichts zu tun. I Gaius eigene Darstellung aber in fr. 7 und 9 (i i. 7) spricht<br />

entschieden dafür, daß seine Erläuterungen hier wie sonst ihren Ausgangspunkt<br />

in seiner Vorlage haben. 2 So bin ich denn heute der Meinung,<br />

daß im ersten Fall wahrscheinlich, im zweiten Fall sicher die Besonderheit<br />

des Gaianischen Systems ihren Grund darin hatte, daß das Provinzialedikt<br />

selber hier von dem System der städtischen Edikte abwich. Es wird sich<br />

unten, bei der näheren Untersuchung des Ediktsystems zeigen, daß auch<br />

Vgl. v. Velsen, SZ 2!, 109f. der behandelten actio und läßt den „pro-<br />

2 Er sagt in diesen Stellen zwar nicht consul" in einem besonders gearteten Fall<br />

ausdrücklich, daß er Ediktworte kommen- eine utilis actio gewähren.<br />

tiere; aber er spricht von einem competere

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