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Das Edictum Perpetuum / Otto Lenel

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16 <strong>Das</strong> Edikt als Ganzes<br />

Sinne, sondern nur einen Teil davon enthält, und die Frage bleibt offen,<br />

nach welchem Gesichtspunkt die Aufnahme oder Nichtaufnahme von Materien<br />

in das Edikt sich entschied.<br />

Meines Erachtens ist dafür, daß man das Edikt unter eine begriffliche<br />

Einheit zwänge, daß man es, um mit Brinz I zu reden, mit einem Namen<br />

benenne, keinerlei innere Notwendigkeit vorhanden: vielmehr spricht die<br />

historische Entwicklung sehr entschieden gegen eine solche a priori<br />

gestellte Forderung. Was sich wirklich Allgemeines über den Ediktinhalt<br />

sagen läßt, das hat schon Giphanius 2 ganz richtig bemerkt: der Prätor<br />

ediziert über sein officium. 3 Schon damit ist aber eine wesentliche<br />

Einschränkung des Ediktinhalts gegeben: das Edikt enthält nicht das Zivilrecht,<br />

die Zivilprozeßordnung, das Aktionenrecht, sondern höchstens soviel<br />

von diesen Rechtszweigen als im officium praetoris liegt, und zwar im<br />

officium praetoris urbani und perigrini: 4 denn nur vom officium dieser<br />

handelt das edictum praetoris. Daher enthält das Edikt beispielsweise nichts<br />

über die Jurisdiktion der Konsuln und des praetor fideicommissarius, was<br />

freilich Rudorff in seiner Rekonstruktion verkannt hat. <strong>Das</strong> Edikt enthält<br />

aber auch nicht das ganze officium praetoris: der Prätor ediziert über sein<br />

officium nur insoweit ihm dies zweckmäßig erscheint. Soweit nun das<br />

officium praetoris durch Gesetz oder Gewohnheit geordnet ist, sind Edikte<br />

im ganzen überflüssig. Daher fehlt im Album beispielsweise das officium<br />

praetoris in den Legisaktionen, fehlt ferner, soweit ersichtlich, alles, was die<br />

lex Iulia iudiciorum privatorum über das officium praetoris enthielt. 5 Allerdings<br />

verweist das Edikt immerhin an einigen Orten auf gesetzliche Bestimmungen,<br />

indem der Prätor seine Jurisdiktion diesen entsprechend ausüben<br />

zu wollen erklärt: aber hierbei stehen immer solche Materien in Frage,<br />

deren Ordnung im wesentlichen auf dem Edikt beruht, wo also Gesetz oder<br />

Senatuskonsult nur ergänzend oder beschränkend eingriff und daher auch<br />

nur der Vollständigkeit halber mit angeführt wird.6<br />

Aus alledem ergibt sich, daß der Inhalt des Edikts sich großenteils<br />

durch historische Zufälligkeiten bestimmt hat, und daß es vergebens ist,<br />

einen Rechtsbegriff zu suchen, der sich mit jenem Inhalt deckt. Wäre die<br />

Reform des altzivilen Exekutions- und Konkursverfahrens, statt vom Prätor,<br />

vom Gesetzgeber in die Hand genommen worden, so würden wir an Stelle<br />

der tit. XXXVI–XLI des Edikts wahrscheinlich nur ein paar magere<br />

Aktionenformulare finden. Wäre umgekehrt dem Prätor die tutoris datio<br />

nicht durch Gesetz verliehen, so würden wir vielleicht ein der eigenen<br />

Initiative des Prätors entsprungenes Edikt darüber haben, dem er durch<br />

a. a. 0. 486.<br />

2 Am Schluß der oecon. ed. perpet. (p. 131<br />

der von mir benutzten Ausgabe der oeconomia<br />

iuris, Francof. 1606).<br />

3 Vgl. auch Bruns, fontes ed. VII, 212<br />

praef.<br />

4 Vom Provinzialedikt und dem angehängten<br />

Ädilenedikt sehe ich der Kürze<br />

halber hier ab.<br />

5 (5. r) 2. Dazu unten bei tit. II (vor § 7).<br />

6 (2. 14) 7 § 7, (3 . I ) I § 8, (4 . 6)<br />

(38. 1 4) t.

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