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Das Edictum Perpetuum / Otto Lenel

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X Vorwort zur ersten Auflage<br />

Hinsichtlich der Prinzipien, von denen ich bei der Rekonstruktion<br />

ausging, glaubte ich in einem Hauptpunkte von Rudorff abweichen zu<br />

müssen: ich halte unbedingt und durchweg daran fest, daß jede Rekonstruktion<br />

wertlos ist, der es an einer quellenmäßigen Basis fehlt. Auch<br />

Rudorff folgt diesem Grundsatz, soweit es sich um die Edikte handelt;<br />

aber er verläßt ihn bei der Rekonstruktion der Formeln. „Mihi igitur", sagt<br />

er, I „cum persuasum habeam in formulis ordinariis summam rei positam<br />

esse, ... uisum fuit in hac parte audendum non nihil esse", und so hat er<br />

denn in der Tat eine große Menge von Formeln frei erfunden. <strong>Das</strong> Bedenkliche<br />

dieses Verfahrens liegt auf der Hand. Je wichtiger die Kenntnis des<br />

Originalwortlauts der Formeln für uns ist, desto größere Zurückhaltung ist<br />

bei der Rekonstruktion geboten, desto unerlaubter also ein „andere non<br />

nihil". 2 Ich habe daher auch die Formeln, sei es ganz, sei es teilweise, nur<br />

da rekonstruiert, wo sich für diese Rekonstruktion Anhaltspunkte in den<br />

Quellen fanden. 3 Daß ich mich nicht immer auf bloße Anführung dieser<br />

Anhaltspunkte beschränkte, sondern eigentliche Rekonstruktionen versuchte,<br />

bei denen es ganz ohne Hypothesen nicht abgeht, wird mir hoffentlich nicht<br />

zum Vorwurf gemacht werden: eine solche Rekonstruktion gewährt ein<br />

anschauliches Gesamtbild der zerstreut gefundenen Ergebnisse und ist überdies,<br />

wenn sie in einleuchtender Weise gelingt, eine Art Probe auf die<br />

Richtigkeit dieser Ergebnisse. Einen hierüber hinausgehenden Wert beanspruche<br />

ich für diese Versuche nicht.<br />

Ein Bedenken gegen Rudorff meine ich hier noch besonders hervorheben<br />

zu sollen. In sehr vielen Fällen ist uns das Edikt, auf Grund dessen<br />

eine actio erteilt wurde, erhalten oder doch wiederherzustellen, während<br />

über die Konzeption der Formel nichts überliefert ist. Die Tatsache ist<br />

begreiflich genug, da ja gerade die auf die Formeln bezüglichen Abschnitte<br />

der klassischen Ediktkommentare für die Kompilatoren Justinians großenteils<br />

unpraktisches Material enthielten und daher notwendig stark beschnitten<br />

werden mußten. Nichts ist hier nun leichter, als vermöge einiger stilistischer<br />

Umänderungen und eines vorausgestellten si paret aus dem überlieferten<br />

Edikt eine formula in factum concepta zu gewinnen, und wirklich sind auf<br />

diesem Wege eine erkleckliche Zahl Rudorf f scher Formeln entstanden.<br />

Ich habe in solcher Lage grundsätzlich der Versuchung, die Formel zu<br />

rekonstruieren, widerstanden. Der Edikttext kann nämlich keineswegs als<br />

eine bis ins Detail zuverlässige Anleitung für die Herstellung des Formeltexts<br />

gelten. Selbst unter den wenigen Beispielen, wo wir imstande sind, den<br />

I EP (mit diesen Buchstaben zitiere ich<br />

Rudorffs de iurisdictione edictum 1869) 2.<br />

Vgl. denselben, ZRG 3, 52.<br />

2 Vgl. meine Abhandl. in der SZ 2, 15f.,<br />

wo ich mich über Rudorffs Verfahren bereits<br />

hinreichend ausgesprochen habe.<br />

3 Nur vereinzelt bin ich hiervon zu<br />

kritischem Zwecke abgewichen: ich glaubte<br />

bisweilen, eine von andern vorgeschlagene<br />

Rekonstruktion am schlagendsten dadurch<br />

widerlegen zu können, daß ich zeigte, wie<br />

sie besser zu machen sei. Es versteht sich,<br />

daß ich solchenfalls meiner eigenen Rekonstruktion<br />

keinen positiven wissenschaftlichen<br />

Wert beilege.

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