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Das Edictum Perpetuum / Otto Lenel

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22 Die Hauptabschnitte des Edikts<br />

Hauptstücks, und offenbar gebraucht er hier das Wort „prozeßrechtlich"<br />

im Gegensatz zu dem materiellrechtlichen Inhalt des Haupt- und Mittelstücks,<br />

obwohl er, wie wir früher gesehen haben, mehrfach das ganze<br />

Edikt eine „Reichszivilprozeßordnung" nennt. Jener behauptete Gegensatz<br />

nun besteht in Wirklichkeit in dieser Weise nicht. Allerdings finden sich<br />

die verhältnismäßig wenigen rein prozeßrechtlichen Bestimmungen, die das<br />

Edikt enthält, vorzugsweise in dem Eröffnungs- und dem Schlußabschnitt,<br />

aber mindestens in jenem durchaus nicht in der Zahl und Bedeutung, daß<br />

man ihm den Charakter einer prozeßrechtlichen Einleitung zusprechen<br />

dürfte: denn die Aktionen, die der Prätor zur Sicherung und Durchführung<br />

prozeßrechtlicher Zwecke aufstellt, — solche bilden in der Tat den<br />

Kern des Eröffnungsabschnitts —, sind nicht mehr und nicht weniger<br />

Prozeßrecht als alle andern Aktionen auch. Genauer und vollkommen<br />

richtig wäre es gewesen, wenn Rudorff sich begnügt hätte, zu sagen, die<br />

Zusammenstellung der in dem Einleitungs- und Schlußabschnitt enthaltenen<br />

Materien sei von einem prozessualen Gesichtspunkt aus erfolgt. Handeln<br />

die Mittelabschnitte im wesentlichen von der gerichtlichen Geltendmachung<br />

materieller Rechte, so hat dagegen der einleitende Abschnitt im wesentlichen<br />

— d. h. abgesehen von den im Edikt überall zu beobachtenden<br />

gelegentlichen Durchbrechungen des Systems, die auf Nebenrücksichten<br />

zurückzuführen sind — den Zweck, die Rechtsverfolgung und Verteidigung,<br />

überhaupt den Rechtsgang selbst bis zur Gewährung des<br />

Iudiciums zu ordnen und zu sichern.' Diesem Gesichtspunkt ordnet<br />

sich, wie wir demnächst sehen werden, der ganze Inhalt des ersten Abschnitts<br />

mit Leichtigkeit unter. Als natürlicher Gegensatz ergaben sich<br />

als Materie des Schlußabschnitts die extrema in iurisdictione, Exekution<br />

und Nichtigkeitsbeschwerde nebst allem, was dazu Bezug hatte. Ob und<br />

inwieweit der Inhalt der so geschaffenen Abschnitte Prozeß-, ob und inwieweit<br />

er materielles Recht sei, diesen Punkt dürfte der Ediktredaktor<br />

schwerlich auch nur in Erwägung gezogen haben. <strong>Das</strong> Bedürfnis, zwischen<br />

Prozeßrecht und materiellem Recht systematisch scharf zu scheiden, ist<br />

sehr modernen Datums.<br />

Weit schwerere Bedenken als Rudorffs Charakterisierung des Einleitungs-<br />

und Schlußabschnitts erregt seine Einteilung des Mittel- und<br />

Hauptstücks des Edikts. Unrichtig ist schon die formelle Einteilung<br />

„Aktionenabschnitt ... Missionenabschnitt". Was in aller Welt berechtigt<br />

dazu, dem zweiten Unterabschnitt diesen letztem Namen zu geben? Mag<br />

man auch die bonorum possessio, womit er beginnt, zu den Missionen<br />

i, w. S. rechnen: was hat aber beispielsweise die operis noui nuntiatio, was<br />

hat die ganze Zahl von Judizien, die am Schlusse des Abschnitts stehen,<br />

mit den Missionen zu tun? Nicht minder mißlich steht es mit dem materiellen<br />

Gegensatz, den Rudorff hinter diesem formellen findet: es soll der<br />

I Wesentlich übereinstimmend. Brinz, „Schutz und Beschaffung der iurisdictio"<br />

krit. Vjschr. II, 5oo, dessen Gesichtspunkt mir nur etwas zu enge scheint.

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