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Das Edictum Perpetuum / Otto Lenel

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<strong>Das</strong> Ediktsystem im einzelnen<br />

sein, das System unseres Abschnitts im ganzen ins Auge zu fassen. Die<br />

Einsicht in dieses System ist von Rudorff I sehr wesentlich gefördert<br />

worden. Er hat die für die Systematisierung leitenden Gesichtspunkte<br />

großenteils richtig nachgewiesen, und der Hauptvorwurf, der ihm zu<br />

machen ist, ist nur der, daß er im Ein- und Untereinteilen mehrfach zu<br />

weit gegangen ist. Dieses letztere gilt m. E. schon von der durch ihn behaupteten<br />

Grundeinteilung unseres Abschnitts. Rudorff nimmt an, daß er,<br />

entsprechend den schulmäßigen partes de iudiciis und de rebus, in zwei<br />

Teile zerfalle, deren erster „die erhaltenden (dinglichen oder persönlichen)<br />

Klagen zum Schutz bereits erworbener Güter gegen Abstreitung oder Beschädigung"<br />

umfasse, 2 während der zweite sich auf „Erwerbansprüche aus<br />

vorbereitenden Geschäftsobligationen" beschränke. Gegen das erste Glied<br />

dieser Einteilung ist insofern nichts einzuwenden, als die bezeichneten<br />

Aktionen in der Tat den wesentlichen Inhalt des großen, von mir „de his<br />

quae cuiusque in bonis sunt" überschriebenen tit. XV bilden. Um so bedenklicher<br />

ist das zweite Glied der Einteilung. Rudorff ist zu seiner Aufstellung<br />

ohne Zweifel nur dadurch veranlaßt worden, weil er es für ein<br />

logisches Postulat hielt, den erworbenen Rechten die Ansprüche auf künftigen<br />

Erwerb gegenüberzustellen. Dabei ist übersehen, daß, was logisches<br />

Postulat ist, deswegen noch lange nicht im Ediktsystem verwirklicht zu<br />

sein braucht. Gegen die Charakterisierung der Ansprüche aus den Geschäftsobligationen<br />

als Erwerbansprüche entscheidet vor allem der Umstand,<br />

daß diese Charakterisierung unrömisch ist: eine derartige Auffassung<br />

ist, wenn irgendeine, den Quellen fremd. Sie ist aber auch juristisch und<br />

ökonomisch unzutreffend: die weitaus meisten Geschäftsobligationen<br />

erzeugen keine Erwerbansprüche, mindestens nicht solche in anderm Sinne<br />

als die Deliktobligationen. Oder wie will man es einleuchtend machen,<br />

daß die Ansprüche aus Darlehen, Kommodat, Depositum, Mandat, Sozietät,<br />

Tutel usw. „Erwerbansprüche aus vorbereitenden Obligationen" seien, die<br />

Ansprüche aus der lex Aquilia, dem Edikt de effusis usw. dagegen nicht?<br />

Im Gegenteil: was wir aus jenen Geschäften zu fordern haben, das rechnen<br />

wir schon ohne weiteres zu unserm Vermögen, bezeichnen es als „unser",<br />

während wir weit eher geneigt sind, das uns aus Deliktansprüchen Zufließende<br />

als einen, sei es auch zur Entschädigung dienenden, Erwerb zu<br />

betrachten. Wahrlich, es bedürfte sehr triftiger Beweise, um es glaublich<br />

erscheinen zu lassen, daß das Ediktsystem jener sonderbaren Auffassung<br />

folge.<br />

Sucht man sich von diesen Phantasien zu befreien, so bemerkt man<br />

ZRG 3, 65f.<br />

2 Rudorff, EP 269, überschreibt dies<br />

primum genus (iudiciorum de rebus) mit der<br />

Rubrik „de rebus non creditis". M. E. ist<br />

auch diese Bezeichnung nicht glücklich<br />

gewählt. Offenbar ist dabei gegensätzlich<br />

an die Rubrik de rebus creditis gedacht.<br />

Diese ist aber eine bloße Titelrubrik, der<br />

in unserm Abschnitt nicht eine, sondern<br />

eine ganze Reihe anderer Titelrubriken zur<br />

Seite stehen. Die Zweiteilung de rebus non<br />

creditis und de rebus creditis verbietet sich<br />

daher von selbst. Dies auch gegen Brinz,<br />

krit. Vjsch. 1I, 494.<br />

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