22.07.2013 Aufrufe

Das Edictum Perpetuum / Otto Lenel

Das Edictum Perpetuum / Otto Lenel

Das Edictum Perpetuum / Otto Lenel

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

528 Tit. XLV. § 281<br />

darum begründet Paulus diese Brauchbarkeit mit den Worten „in longiorem<br />

diem concipitur". Soweit ist alles klar und einleuchtend. <strong>Das</strong> eigentliche<br />

Rätsel der Stelle liegt allein in der Frage: in welcher Beziehung steht die<br />

Fassung der beiden Präjudizien zu der Dauer der Zeit, auf die die Sponsoren<br />

verpflichtet werden? Eine solche Beziehung muß — dies beweist das<br />

„ideoque" — bestanden, und der Jurist muß sich, was das praeiudicium<br />

superius angeht, hierüber bereits zuvor, in einem nicht auf uns gekommenen<br />

Passus, geäußert haben. Denkbar ist aber bei diesem, wie mir scheint, keine<br />

andere Beziehung als die, daß bei der gewöhnlichen Kaution die Dauer,<br />

auf die die Kaution gestellt werden mußte, von dem Ausgang eben des<br />

praeiudicium „an ea res d. q. a. maior sit C sestertiis" abhing. Wieso dem<br />

Streitwert eine derartige Bedeutung zukam, muß aus der vorausgegangenen<br />

Darstellung bei Paulus ersichtlich gewesen sein und wird ebendeshalb hier<br />

nicht nochmals erklärt, sondern vorausgesetzt. Wir sind auf Vermutungen<br />

angewiesen. Wüßten wir nun nichts von jenem praeiudicium, und würden<br />

wir uns fragen, welcher Umstand wohl für die Bemessung der Dauer der<br />

kautionsmäßigen Verpflichtung von bestimmender Bedeutung gewesen sein<br />

möge, so würden wir sicherlich sofort daran denken müssen, daß die Kaution<br />

bald auf Prozeß vor den Zentumvirn, bald auf solchen vor einem Einzelgeschworenen<br />

angelegt wurde, und daß der Prozeß vor letzterem an die bei<br />

Gai. IV, 104.. 105 erwähnten kurzen Fristen gebunden war, nicht aber, soweit<br />

wir wissen, der vor den Zentumvirn. Ging also der Prozeß vor einen<br />

Einzelgeschworenen, so wird der Prätor die Verpflichtungszeit der Bürgen<br />

mit Rücksicht auf diese Prozeßfrist' bemessen haben, länger dagegen, wenn<br />

er vor die Zentumvirn ging. Durch diese Annahme aber werden wir<br />

notwendig zu der in der i . Aufl. verteidigten Hypothese gedrängt, daß<br />

das praeiudicium superius gerade dazu bestimmt war, die Kompetenzfrage<br />

zu entscheiden. Es ist wahr, daß nirgendwo sonst eine untere Grenze für<br />

die Kompetenz der Zentumvirn namhaft gemacht wird; es ist aber auch<br />

Mit Rücksicht auf sie? nicht vielmehr<br />

genau auf sie (so die i. Aufl. S. 416 n. 1)?<br />

Es bleibt zu erwägen, daß die Kaution doch<br />

vor der Litiskontestation und gewiß mitunter<br />

nicht unmittelbar vor ihr gestellt<br />

wurde; das zeigt schon Ulpians Kommentar<br />

zur clausula ob rem non defensam (vgl. S. 517<br />

n. 6). Die Kautionsfrist wird also jedenfalls<br />

häufig länger zu bemessen gewesen sein<br />

als die Prozeßfrist. Aus fr. 2 (46. 7) — cum<br />

lite mortua nulla res sit, ideo constat fideiussores<br />

(sponsores scr.) ex stipulatu I. S.<br />

non teneri — darf nicht geschlossen werden,<br />

daß die Prozeßfrist stillschweigend als<br />

Kautionsfrist gegolten habe, letztere gar<br />

nicht besonders ausgedrückt worden sei.<br />

Nicht nur ist es fraglich, ob der Ausdruck<br />

lis mortua ausschließlich nur auf den Fall<br />

des Ablaufs der Prozeßfrist angewendet<br />

wurde — vgl. Keller, CP § 7o —; die<br />

Prozeßfrist behielt ja auch bei längerer Kautionsfrist<br />

ihre selbständige Erheblichkeit. In<br />

fr. 10 (46. 5) läßt der Präses eine Kaution —<br />

aller Wahrscheinlichkeit nach die cautio<br />

p. p. 1. u. oder i. s. — zuerst in triennium und<br />

dann in longum tempus stellen. <strong>Das</strong> triennium<br />

ist die Prozeßfrist des späteren Rechts,<br />

und die Annahme liegt nahe, daß diese hier<br />

an Stelle der älteren des iudicium imperio<br />

continens interpoliert ist (vgl. Schirm er,<br />

prätor. Judicialstip. 52). <strong>Das</strong> beweist aber<br />

nicht, daß die Kautionsfrist sich immer mit<br />

der Prozeßfrist deckte, und beweist umgekehrt,<br />

daß die Kautionsfrist ausgedrückt<br />

und nicht stillschweigend subintelligiert<br />

wurde.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!