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Matrix alte Geschichte - 2012 - Dillum

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Von einem gewissen Punkt auf der Zeitschiene rückwärts löst sich<br />

die wirkliche <strong>Geschichte</strong> auf und taucht ein in ein Universum von<br />

<strong>Geschichte</strong>n und Phantomzeiten, die nur in unseren Büchern und<br />

Meinungen existieren.<br />

Wer eine bestimmte <strong>Geschichte</strong> falsch auffaßt, hat über bestimmte<br />

Bereiche ein falsches Bewußtsein. – Doch wie steht es mit historischen<br />

Zeiten, die nur behauptet werden, die es aber nicht gegeben<br />

hat? Wir bewundern dort des Kaisers neue Kleider, ohne wahrhaben<br />

zu wollen, daß man uns diese schönen Dinge nur eingeredet hat.<br />

Und eine bestimmte Meinung ist bekanntlich ansteckend. Wenn nur<br />

ein Teil der Leute von einer Sache überzeugt ist, so übernehmen es<br />

alle. Und vor allem wagt niemand mehr zu widersprechen.<br />

Mit der älteren <strong>Geschichte</strong> ist es so. Alle beten die <strong>alte</strong>n Griechen<br />

und die <strong>alte</strong>n Römer nach. Schließlich hat man davon schon in der<br />

Schule gehört. Und alle Bücher und alle Gelehrten erzählen davon.<br />

Also wird es wohl stimmen, meinen die meisten.<br />

Daß schon die <strong>alte</strong>n Römer dieses oder jenes gekannt oder getan<br />

hätten, ist eine sprichwörtliche Redensart geworden.<br />

Und der Begriff Mittel<strong>alte</strong>r hat längst eine volkstümliche Note bekommen<br />

und wird auf eine breite Palette von historischen Dingen<br />

angewendet, die man meint, damit erklären zu können.<br />

Niemand protestiert, wenn eine ganze Epoche als Mittel<strong>alte</strong>r erklärt<br />

wird. – Aber wer würde sich getrauen, das 20. Jahrhundert allein mit<br />

dem Begriff dialektischer Materialismus zu deuten?<br />

Die ältere <strong>Geschichte</strong> ist eine groteske Konstruktion, aber sie wird<br />

nicht als solche wahrgenommen. Damit frönt die Gegenwart in vielen<br />

Bereichen dem Absurden, wie die Akteure in einem Theaterstück<br />

von Eugene Ionesco.<br />

Widervernünftig ist nicht die erfundene <strong>Geschichte</strong> selbst, sondern<br />

die Tatsache, daß sie für wahr geh<strong>alte</strong>n wird.<br />

Niemand würde Gustav Schwabs schönste Sagen des klassischen<br />

Altertums für etwas anderes h<strong>alte</strong>n als mythologische Erzählungen.<br />

– Aber verhält es sich nicht gleich mit der <strong>Geschichte</strong> jenes Altertums,<br />

vornehmlich also den Griechen und Römern?<br />

Bei der berühmten Märchensammlung der Gebrüder Grimm nehmen<br />

wir ein paar Beispiele heraus.<br />

Jeder würde sich lächerlich machen, der behauptet, Aschenputtel<br />

habe dreihundert Jahre vor Rotkäppchen gelebt.

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