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Matrix alte Geschichte - 2012 - Dillum

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Alle im Hoch- und Spätmittel<strong>alte</strong>r gebräuchlichen Schriften sind auf<br />

die erwähnte Reform-Schrift zurückzuführen, auch die gotischen<br />

Schriften der frühen Neuzeit.<br />

Der Abriß der mittel<strong>alte</strong>rlichen Schriftgeschichte ist bewußt summarisch<br />

geh<strong>alte</strong>n. Und trotzdem erkennt man darin schon mehrere<br />

faustdicke Lügen und haltlose Behauptungen.<br />

Zuerst ist die Schriftgeschichte verkehrt zu lesen: Die „frühmittel<strong>alte</strong>rlichen“<br />

Schriften sind die jüngsten. Sie leiten sich von den Schriften<br />

der anfänglichen Schriftlichkeit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts<br />

ab – gleich ob man diese nun als gotisch oder humanistisch<br />

bezeichnet.<br />

Und die Behauptung, man hätte die sogenannten „Nationalschriften“<br />

wegen ihrer zunehmenden Unleserlichkeit durch die karolingischen<br />

Schriften ersetzen müssen, ist ein starkes Stück. – Solche „unlesbare“<br />

Schriften sind manchmal sogar besser lesbar als angeblich spätere<br />

Schriften.<br />

Die Sache mit der karolingischen Reform wurde erfunden, um einen<br />

Entwicklungssprung in den Schriften des Mittel<strong>alte</strong>rs zu behaupten.<br />

Alle „mittel<strong>alte</strong>rlichen“ Schriften nach den sagenhaften Karolingern<br />

als Wurmfortsatz des Frühmittel<strong>alte</strong>rs abzutun, ist ungeheuerlich,<br />

zumal das meiste Schriftgut dem Hoch- und vor allem Spätmittel<strong>alte</strong>r<br />

zugeschrieben wird.<br />

Ebenso unlogisch sind die behaupteten Entwicklungssprünge, die<br />

großzügig viele Jahrhunderte zählen.<br />

Daß aus römischen Graffiti, wie sie in Rom und Pompeji überliefert<br />

wurden, ein direkter Weg zu den sogenannten Sekretariatsschriften<br />

der Renaissance führte, ist jedoch unter Berücksichtigung der Zeitkürzung<br />

dagegen absolut plausibel:<br />

Wir erkennen in Pompeji eine antike Stadt der Renaissance. Was<br />

dort geschrieben wurde, war schon römischer Humanismus – ohne<br />

den mühsamen Umweg über ein „Mittel<strong>alte</strong>r“.<br />

Wie die karolingische Schrift nach fünf oder sieben Jahrhunderten<br />

ohne das Zwischenglied der gotischen Schriften von den humanistischen<br />

Schreibern übernommen wurde, müßten die Paläographen<br />

erst plausibel erklären.<br />

Und die Sache mit den „Nationalschriften“ ist eine völlige Absurdität.<br />

Beispielsweise soll die süditalienische Beneventana des Klosters<br />

Monte Cassino noch im Spätmittel<strong>alte</strong>r gebraucht worden sein – obwohl<br />

es doch schon seit fünf Jahrhunderten eine Schriftreform gab.

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