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Matrix alte Geschichte - 2012 - Dillum

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die übrige profane Überlieferung mit Urkunden, Ratsmanualen,<br />

Rechnungen, Urbaren und den sonstigen literarischen und pseudogeschichtlichen<br />

Werken.<br />

Die schriftliche Überlieferung selbst wurde nach einer <strong>Matrix</strong>, also<br />

nach genau vorgegebenen Blaupausen gest<strong>alte</strong>t. Deshalb wirkt diese<br />

Überlieferung so homogen und stimmig.<br />

Aber in den ersten vierzig oder fünfzig Jahren Schriftlichkeit ist diese<br />

Überlieferung eine literarische Geschichtserfindung mit nur wenigen<br />

und verschwommenen historischen Inh<strong>alte</strong>n.<br />

Man kann es auch einfacher ausdrücken: In den vielleicht zwei ersten<br />

Generationen von schriftlichen Aufzeichnungen wurden <strong>Geschichte</strong>n,<br />

nicht <strong>Geschichte</strong> geschrieben. Kein Aufwand und keine<br />

Gelehrsamkeit kann eine Historie rekonstruieren, die falsch dokumentiert<br />

ist.<br />

Verschiedene einzelne Analysen ließen mich zu diesem Schluß<br />

kommen.<br />

Da gab es in Freiburg im Üchtland einen vornehmen Magistraten,<br />

den Baron von Alt. Dieser veröffentlichte angeblich um 1750 eine<br />

zehnbändige Histoire des Helvétiens. Aber die europäischen Ereignisse<br />

sind in dem Werk besser vertreten als die seiner engeren<br />

Umgebung. Und vor allem berichtet der Historiker so gut wie nichts<br />

über seine eigene Zeit, das 18. Jahrhundert. – Der Baron von Alt<br />

nennt jedoch Voltaire und Rousseau und beweist damit, daß er sein<br />

historisches Werk erst in den 1770er Jahren verfaßt haben kann.<br />

Mitten in der Stadt Bern steht noch heute die barock-klassizistische<br />

Heiliggeistkirche. Diese soll Ende der 1720er Jahre an Stelle eines<br />

gotischen Sakralbaus errichtet worden sein.<br />

Aber die Geschichtsanalyse erweist: In der genannten Zeit blühte<br />

noch nicht einmal der gotische Stil. Der Barock kam erst nach 1760<br />

auf. Zudem ist die Heiliggeistkirche vom Stil her schon deutlich klassizistisch<br />

geprägt. Und Ansichten der Stadt Bern, die um 1760 bis<br />

1770 zu setzen sind, zeigen noch die <strong>alte</strong> Kirche.<br />

Also wurde das heutige Gotteshaus frühestens um 1780 gebaut. Der<br />

erste Künstler, der es bildlich darstellt, begann auch erst in den<br />

1780er Jahren zu malen.<br />

Die gefälschte Baugeschichte der Heiliggeistkirche in Bern beweist<br />

allgemein: Noch bis etwa 1780 war es möglich, ein Gebäude zu errichten<br />

und mittels gefälschter Dokumente eine viel frühere Entstehungszeit<br />

zu behaupten.

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