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Ein Entwurf des publizistischen Kriteriums „Sensibilität“

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Artikel dem Deutschen Presserat vorlegen. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte<br />

entspannte sich zwar das Verhältnis zwischen Medizin und Medien, jedoch kann<br />

nicht von einem Idealzustand zweier an einem Kommunikationsprozeß Beteiligten<br />

ausgegangen werden. <strong>Ein</strong> weiterer Entspannungschritt wurde vom damaligen<br />

Präsidenten der Bun<strong>des</strong>ärztekammer und <strong>des</strong> Deutschen Ärztetages Karsten Vilmar<br />

eingeleitet: „Wir unsererseits sollten an der Presse nicht zu harsche Kritik üben“. 15<br />

Wenn auch nicht so ausführlich, so wurde doch auch in der DDR über die Rolle <strong>des</strong><br />

Journalismus und auch später <strong>des</strong> Wissenschaftsjournalismus nachgedacht. Noch<br />

in den sechziger Jahren galt es, den Journalismus als Erklärung eines Bil<strong>des</strong> vom<br />

sozialistischen Menschen zu verstehen. <strong>Ein</strong>e Forschung zum<br />

Wissenschaftsjournalismus dort ist kaum erkennbar. Wolfgang Roedel schrieb 1966:<br />

„Die vornehmliche Aufgabe unseres Journalismus, zur<br />

Verwirklichung <strong>des</strong> sozialistischen Menschen entschieden<br />

beizutragen, hat sich in der Zeit <strong>des</strong> Zusammenwirkens der<br />

einander notwendig bedingten technischen und kulturellen<br />

Revolution noch vergrößert“. 16<br />

Damit war der Auftrag für den DDR-Journalismus vorgegeben. Man hatte den<br />

Imperialismus mit der Feder zu bekämpfen. Es sollte gezeigt werden, wie die<br />

„kapitalistischen Gesellschaftszustände“ 17 die freie Entfaltung <strong>des</strong> Sozialismus<br />

behindern, welch große Gefahr der Antikommunismus für die DDR darstellte, 18<br />

und es sollte die Lüge von der klassenlosen Gesellschaft im Westen<br />

aufgedeckt werden. 19 Schließlich erklärte Rödel, daß der Westen mit seinen<br />

Sensationsbedürfnissen falsch liege:<br />

„Wer immer mehr Sensationen, immer neue Skandale in sich<br />

aufnimmt, der ist vom Wesentlichen gesellschaftlicher Wirklichkeit<br />

abgelenkt, der kommt nicht auf den Gedanken, nach Recht und<br />

Unrecht in dieser Wirklichkeit zu fragen“. 20<br />

Sicherlich eine durchaus nachdenkenswerte These, weil bislang kaum Erkenntnisse<br />

über die Wirkung eines sensationsorientierten Journalismus auf Moral und Ethik<br />

vorliegen, doch in einem Land entwickelt, in dem Zensur und Unterdrückung der<br />

freien Berichterstattung auf der Tagesordnung standen. Wurde in den sechziger<br />

Jahren mehr über politische Themen und Journalismus nachgedacht, so zeigte sich<br />

ab Mitte der siebziger Jahre eine leichte Veränderung. Nun wurde in den<br />

Fachblättern der DDR auch über die Rolle der Wissenschaft diskutiert. 1989 konnte<br />

15 Vilmar, Karsten, Schlußwort, in: Bun<strong>des</strong>ärztekammer (Hrsg.),<br />

Fortschritt und Fortbildung in der Medizin – VIII Interdisziplinäres<br />

Forum der Bun<strong>des</strong>ärztekammer, Köln 1984, S. 404.<br />

16 Rödel, Wolfgang, Menschenbild und Journalismus, Brandenburg 1967,<br />

S. 5.<br />

17 Ebenda, S. 15.<br />

18 Ebenda, S. 17.<br />

19 Ebenda, S. 18.<br />

20 Ebenda, S. 20.<br />

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