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Ein Entwurf des publizistischen Kriteriums „Sensibilität“

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auseinanderzusetzen. Außerdem ergab eine erste Proberecherche bereits,<br />

daß die Medizingeschichte hier Lücken aufwies. Noch während der<br />

Untersuchung mit medizinhistorischen Quellen zeigte sich, daß dieser<br />

Themenausschnitt noch in einigen Gebieten völlig unerforscht geblieben ist.<br />

Die Darstellung dieser Schwerpunktausgabe unterschied sich von allen<br />

anderen „Autoimmun“-Ausgaben. Wegen der ermittelten Forschungslücken<br />

wurden die Ergebnisse mit Nachweisen und Quellen belegt. Der Umfang<br />

dieses Themas war zu groß für eine vierseitige Titelgeschichte, somit wurde<br />

die Form einer Schwerpunktausgabe gewählt und die „Autoimmun“ einmalig in<br />

ihrem Umfang erweitert. Zur Absicherung der Untersuchungsergebnisse<br />

wurde mit Experten der NS-Geschichte zusammengearbeitet. 204<br />

Die Reaktionen auf diese Ausgabe waren unterschiedlich. Sie reichten von<br />

Ablehnung („ist doch alles schon vorbei“ und „was soll dieses Thema hier?“)<br />

bis Zustimmung („endlich sagt mal einer was“ und „kein Wunder, daß uns<br />

Kranken heute keiner helfen will und kann“). Die Forschungsergebnisse<br />

wurden 1997 von Ernst Klee in seinem Buch zu Menschenversuchen im<br />

Nationalsozialismus berücksichtigt. In einer Anmerkung dankt er der<br />

Redaktion. 205<br />

<strong>Ein</strong>e weiteres Beispiel, das das Bemühen um Vielfalt im Blatt demonstrieren<br />

soll, liegt im Entertainment. In der „Autoimmun“ erschienen regelmäßig<br />

Themen mit unterhaltendem Charakter. Die Entscheidung dazu stützte sich<br />

auf vier Gründe. Erstens verstärken unterhaltende Themen die Leser-Blatt-<br />

Bindung. Über Rätsel und Preisausschreiben wurden die Leser der<br />

„Autoimmun“ in die Publikation einbezogen und betrachteten das Medium in<br />

gewisser Weise als das „ihre“. Dies verstärkte wiederum den Informationsfluß<br />

von Lesern in Richtung Redaktion.<br />

Zweitens erzeugte die ständige Präsentation von komplexen medizinischen<br />

Sachverhalten beim Rezipienten eine Lesemüdigkeit, wie Umfragen unter den<br />

Lesern ergeben hatten. Zudem verursachen Themen, die sich mit Krankheit<br />

befassen, ein negatives Gefühl beim ohnehin erkrankten Leser. Hier war es<br />

erforderlich, positive Momente in die Zeitschrift einzubringen.<br />

Drittens eignen sich unterhaltende Themen zum Transfer von Wissenschaft.<br />

Andere Medien nutzen die Möglichkeit bereits, wie z.B: „Globus“, „Abenteuer<br />

Forschung“, „Kopfball“, „PM“ und andere. Hier wird versucht, Wissenschaft<br />

unterhaltend anzubieten. Und schließlich wurde in der bereits 1995<br />

204 Prof. Dr. Wolfgang Scheffler (Historiker und Gutachter bei NS-<br />

Prozessen) verfaßte das Editorial zu dieser Ausgabe,<br />

Oberstaatsanwältin Helge Grabitz (Anklägerin bei vielen NSG-<br />

Verfahren) stand für ein Interview zu Verfügung und Ernst Klee<br />

(Journalist und Verfasser mehrerer Standardwerke zum<br />

nationalsozialistischen Krankenmord und der Rolle der Medizin im<br />

Nationalsozialismus) half bei der Recherche.<br />

205 Klee, Ernst, Auschwitz - die NS-Medizin und ihre Opfer, Frankfurt<br />

am Main 1997, S. 77.<br />

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