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Ein Entwurf des publizistischen Kriteriums „Sensibilität“

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ezahlen zu müssen. Da kann plötzlich eine große Überraschung eintreten,<br />

wenn auf der Rechnung unerwartet hohe Beträge erscheinen.<br />

Sie bekommen nicht einmal einen Zuschuß von der Krankenkasse. In der<br />

Vergangenheit gab es Ausnahmen, die jedoch immer seltener werden. Die<br />

Sozialministerien und Aufsichtsbehörden der gesetzlichen Krankenkassen und<br />

die Sozialgerichte haben zuschußwillige Kassen häufig zur Ordnung gerufen.<br />

Die Zahl der genannten <strong>Ein</strong>schränkungen und das Fehlen strikter gesetzlicher<br />

Standards für die Qualität der Heilpraktikerausbildung rechtfertigt jedoch keine<br />

allgemeinen Vorbehalte gegen diesen Beruf und seine Seriosität. Die<br />

innerorganisatorischen Vorschriften etwa <strong>des</strong> Fachverban<strong>des</strong> Deutscher<br />

Heilpraktiker oder <strong>des</strong> Verban<strong>des</strong> Deutscher Heilpraktiker verpflichten die<br />

Mitglieder in ganz ähnlicher Weise wie dies die ärztlichen Berufsordnungen für<br />

die Mediziner vorsehen. Allerdings besteht hierbei ein entscheidender<br />

Unterschied: Kein Heilpraktiker muß Mitglied eines Berufsverban<strong>des</strong> sein,<br />

aber jeder Arzt ist obligatorisch Mitglied seiner Kammer und unterliegt deren<br />

Beschlüssen.<br />

Etliche der sogenannten Naturheilverfahren oder – im ärztliche<br />

Sprachgebrauch – komplementär-medizinischen Methoden werden bereits<br />

von sehr vielen Ärzten eingesetzt. Nach einer repräsentiven Befragung aus<br />

dem Jahr 1995 (H. Haltenhof, B. Hesse und K.-E. Bühler, Gesund.-Wes. 57)<br />

unter 793 Ärzten aus Praxis und Krankenhaus befürworten 63 Prozent der<br />

Befragten grundsätzlich den <strong>Ein</strong>satz solcher Methoden.<br />

Mehr als die Hälfte der Befürworter wendet sie auch an, vor allem bei<br />

chronischen (85 Prozent der Befragten), nicht heilbaren (56 Prozent),<br />

psychischen und psychosomatischen Erkrankungen. Die befragten Mediziner<br />

berichten von großer Akzeptanz dieser Methoden durch ihre Patienten, fast<br />

drei Viertel der Patienten hielten die Behandlung für „sehr gut“ oder „gut“; nur<br />

drei Prozent der Patienten reagierten mit völliger Ablehnung.<br />

Grundlage für die Krankenkassen, ob sie die Kosten einer Alternativtherapie<br />

übernehmen oder bezuschussen dürfen, ist ein Urteil <strong>des</strong><br />

Bun<strong>des</strong>sozialgerichts (Az 1 Rr 6/93) vom August 1995, wonach die<br />

Wirksamkeit der Therapie statistisch, also mit großen Fallzahlen – nicht nur<br />

anhand von <strong>Ein</strong>zelfällen – nachgewiesen sein muß. Vor Verkündung dieses<br />

Urteils konnten die Kassen großzügiger sein und die Kosten übernehmen,<br />

wenn die Schulmedizin gegen die betreffende Krankheit keine<br />

Behandlungsmöglichkeit kannte, und wenn die Alternativmethode wenigstens<br />

Chancen zu einem Behandlungserfolg bot.<br />

Heilpraktikerbesuche werden dem Arzt verschwiegen<br />

Alternativmethoden sind, wie wohl alle therapeutischen <strong>Ein</strong>griffe, nicht frei von<br />

Nebenwirkungen und Gefahren. Diese Tatsache ist vielen Anhängern der<br />

Alternativmedizin nicht bekannt. Beide Seiten, Ärzte und Heilpraktiker, weisen<br />

bevorzugt auf die Mißerfolge der Gegenseite hin. Nach verschiedenen<br />

Schätzungen von Ersatzkassen sollen 80 Prozent der Heilpraktikerpatienten<br />

gleichzeitig und meistens wegen <strong>des</strong>selben Leidens bei einem Arzt in<br />

Behandlung sein. Das muß keine überflüssige Doppelbehandlung sein, es<br />

kann sich durchaus um eine sinnvolle Ergänzung handeln. Bedauerlich ist<br />

allerdings, daß die übergroße Mehrheit der „Doppelpatienten“ ihrem Arzt den<br />

Besuch beim Heilpraktiker verschweigt.<br />

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