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Ein Entwurf des publizistischen Kriteriums „Sensibilität“

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Ausgangspunkt für Frankes Medienprominenz war sein Buch „Geschenktes<br />

Leben“ 153 , in dem er seinen eigenen Krankheitsverlauf in persönlicher Art und<br />

Weise schildert. Doch in einem unterschied sich das Buch von anderen<br />

biographischen Abhandlungen unheilbar kranker Autoren: Franke behauptete,<br />

ein bislang wenig bekanntes Medikament entdeckt zu haben, das seine<br />

Krankheit zum Stillstand gebracht hätte. Damit bewegte er sich noch innerhalb<br />

der schulmedizinischen Grenzen und brauchte nicht unbeweisbare und<br />

zweifelhafte Behandlungmethoden zu bemühen. Sehr förderlich war hierbei<br />

sein Arzt-Status, der ihm die erforderliche Seriosität verlieh. Immer wieder hob<br />

der Arzt Franke in der Öffentlichkeit die aggressivste Verlaufsform der<br />

Krankheit Multiple Sklerose hervor. 154 Dieses Verhalten hatte in Fachkreisen<br />

Kritik zur Folge und führte zu Fragen der Medienvertreter.<br />

Die starke Medienpräsenz Frankes bewirkte, daß sich eine große Zahl von<br />

Privatpatienten um eine Therapie bei ihm bemühten. Recht schnell waren<br />

seine Kapazitäten erschöpft und eine Vergrößerung <strong>des</strong> medizinischen<br />

Apparates wurde nötig. Dieser wurde durch die laufenden <strong>Ein</strong>nahmen aus den<br />

Privatbehandlungen finanziert. Doch diese <strong>Ein</strong>nahmequelle konnte nur<br />

funktionieren, wenn eine weitere Präsenz in den Medien gewährleistet war.<br />

Hierzu wurden Kontakte zu den Medienvertretern gepflegt, regelmäßig<br />

Pressekonferenzen veranstaltet und eine dritte Auflage <strong>des</strong> Buchs<br />

veröffentlicht. 155 Obwohl sich alle drei Auflagen <strong>des</strong> Buches ähnelten, fanden<br />

sie jeweils starke Beachtung in den Medien, welche fortlaufend Frankes<br />

Geschichte aufgriffen. Um die Dauerpräsenz in den Medien zu unterstützen,<br />

wurde Franke selbst Verleger und gab von 1993 bis 1997 die Zeitschrift<br />

„Autoimmun“ heraus. Das vorgegebene Ziel dieser Publikation bestand in der<br />

Veröffentlichung von Informationen zu Autoimmunkrankheiten, insbesondere<br />

der Multiplen Sklerose. Letztlich ergänzte sich diese Vorgabe mit den<br />

eigentlichen Interessen <strong>des</strong> Verlegers. Diese bestanden primär in der<br />

Information und Betreuung aktueller und in der Rekrutierung neuer<br />

Privatpatienten.<br />

Die vorliegende Fallstudie soll das Spannungsfeld zwischen<br />

Patientenbetreuung und –rekrutierung unter <strong>Ein</strong>beziehung der Medien sowie<br />

die Darstellung sachlicher Information durch die Zeitschrift „Autoimmun“<br />

schildern. Ferner soll ein weiteres Kriterium für die Herstellung von<br />

Zeitschriften für chronisch kranke Menschen entwickelt werden.Von der ersten<br />

Konzeption bis zur <strong>Ein</strong>stellung <strong>des</strong> Blattes konnten zahlreiche Materialien<br />

gesammelt und ausgewertet werden. Als Quellen dienen sämtliche Ausgaben<br />

Gesundheit liegen den Autoren zahlreiche Dokumente und Briefwechsel<br />

vor.<br />

153 Franke, Niels, Geschenktes Leben, München 1991, 1. Auflage.<br />

154 Von fachärztlicher Seite wird häufig betont, daß die MS<br />

größtenteils milde verläuft. Schwerwiegende Fälle seien mit 10<br />

Prozent eher selten. So auch: Wagener-Thiele, Christine, MS-<br />

Therapien, Düsseldorf 1995, S. 26-31.<br />

155 Franke, Niels, Hoffnung für Millionen, München 1996 , 3.<br />

Auflage.<br />

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