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Ein Entwurf des publizistischen Kriteriums „Sensibilität“

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Studie aus Hoffnungen Tatsachen werden läßt und ein paar beleidigte - aber<br />

auf wichtigen Posten sitzende - Schreibtischtäter ihren sturen Kopf<br />

durchsetzen. Offensichtlich hat noch niemand begriffen, daß es sich dabei um<br />

schwerkranke Patienten und nicht um Versuchstiere aus einem Labor handelt.<br />

Oder haben wir es nicht verstanden?<br />

Die Redaktion dieser Zeitschrift hat sich in den letzten Jahren zwei<br />

wesentliche Fragen gestellt. Zunächst: Kann DSG die Erwartungen erfüllen?<br />

Diese Frage konnte nur eine wissenschaftlich korrekt durchgeführte<br />

Doppelblindstudie beantworten. Das war und ist nach wie vor der<br />

selbstgesetzte Maßstab der Wissenschaft. Als die Studie <strong>des</strong><br />

Pharmaherstellers Behringwerke anlief mußten wir zähneknirschend<br />

abwarten. Dann kamen die äußerst positiven Zwischenergebnisse und absolut<br />

folgerichtig der Eilantrag auf Zulassung. Die Auswertung der<br />

Jahresergebnisse bestätigte den Trend: Klinische Verbesserung und in<br />

schweren Fällen Abbremsen <strong>des</strong> Krankheitstempos.<br />

Dann wurden die Stimmen der Verhinderer immer lauter. Die Zulassung<br />

verzögerte sich und wir stellten uns die zweite Frage: Liegen wir vollkommen<br />

falsch und haben die Verhinderer vielleicht Recht? Sind wir einer riesigen PR-<br />

Kampagne aufgelaufen? Die Behringwerke haben sich nie richtig in die Karten<br />

schauen lassen, dennoch waren wir es unseren Lesern und unserer<br />

journalistischen Verpflichtung schuldig, exakte Beweise zu liefern.<br />

Im November 1994 hatten wir nach starkem Drängen endlich die Gelegenheit,<br />

die DSG-Studienergebnisse in Marburg einzusehen. Keine geheime<br />

Verschlußsache mehr. Obwohl wir uns verpflichten mußten, keine<br />

Veröffentlichungen vorzunehmen, war es für unsere junge Redaktion intern<br />

sehr wichtig, die nackten Fakten, Zahlen und Auswertungen kritisch zu prüfen:<br />

Wir lagen richtig. DSG ist kein Wundermittel, aber vom positiven Wirkungs-<br />

und Nebenwirkungsprofil her gibt es zur Zeit kein ähnliches Präparat!<br />

Uns erscheint es sehr wichtig, den geneigten Lesern mitzuteilen, daß wir<br />

unseren Job ordentlich gemacht haben und ihn weiter sauber ausführen<br />

werden. Dabei werden wir uns nur der Wahrheit verpflichtet fühlen. Auch<br />

wenn die „wissenschaftliche Wahrheit“ zu einer Lüge verdreht wird, werden<br />

wir es Sie wissen lassen.<br />

Der von den Behringwerken eingelegte Widerspruch gegen diese<br />

Skandalentscheidung gibt zwar noch ein wenig Hoffnung, dennoch scheint<br />

keiner mehr über das von den Verhinderern ausgelegte Minenfeld gehen zu<br />

wollen. Solange keine grundsätzliche Reform <strong>des</strong> maßgeblichen<br />

Arzneimittelgesetzes einerseits und die Beseitigung bestimmter personeller<br />

Strukturen andererseits vollzogen wird, bleibt die optimale<br />

Arzneimittelerforschung und -versorgung eine unwägbare Glückssache.<br />

Offenbar sieht der dafür verantwortliche Bun<strong>des</strong>gesundheitsminister Horst<br />

Seehofer noch keinen Handlungsbedarf. Wir werden Sie über die weitere<br />

Entwicklung natürlich auf dem Laufenden halten.<br />

Daß die Therapie von Autoimmunkrankheiten die zentrale Herausforderung<br />

für die Wissenschaft in den nächsten Jahren sein wird, hat sich längst<br />

herumgesprochen. Auch wenn ein paar „Ewiggestrige“ lieber weiter in der<br />

medizinischen Steinzeit leben wollen, hat die Pharmaindustrie längst reagiert.<br />

Weitere hochinteressante Substanzen werden klinisch erprobt. <strong>Ein</strong> neuartiges<br />

MS-Mittel steht kurz vor einer großen Studie. In sogenannten Pilotstudien<br />

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