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Ein Entwurf des publizistischen Kriteriums „Sensibilität“

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Interessen der Patienten und den Interessen der Ärzteschaft aber<br />

ist wirklich gedient nur mit einer im Miteinander aller ärztlichen<br />

Organisationen und Institutionen getragenen Informationspolitik<br />

und Vertrauenswerbung.“ 50<br />

Der Gedanke ist klar: <strong>Ein</strong>e effizientere Öffentlichkeitsarbeit der medizinischen<br />

Verbände könnte zur Qualitätssicherung in der medizinischen Berichterstattung<br />

beitragen. Aus der Erfahrung der „Autoimmun“-Redaktion wartet man darauf bislang<br />

häufig vergebens.<br />

<strong>Ein</strong>en Schritt weiter geht Walter Hömberg. 1995 schrieb der Professor der<br />

Katholischen Universität Eichstätt (Lehrstuhl für Journalistik):<br />

„Doch wie die Medizin selbst sollte sich auch die<br />

Medizinberichterstattung einer öffentlichen Qualitätskontrolle<br />

stellen. Manche Mängel wären da auszumachen: fehlende<br />

Fachkompetenz, zuwenig Recherchekapazität, Abhängigkeit von<br />

interessengebundenen Informationsflüssen, kurz:<br />

Vermittlungsdefizite an allen Ecken. Dazu kommt die verschärfte<br />

Konkurrenz um <strong>Ein</strong>schaltquoten und Auflagen, in der immer mehr<br />

Medien ihre Schäfchen zwischen Schweinepest und<br />

Rinderwahnsinn ins Trockene bringen wollen. Die Titel von<br />

Fernsehmagazinen heißen heute Explosiv, Brisant, Alarm, und<br />

ihre Reize in der Berichterstattung werden immer stärker<br />

dosiert.“ 51<br />

<strong>Ein</strong>e gewagte These, die zwei Gefahren in sich birgt. Zum einen erkennt Hömberg<br />

durchaus die immer stärker werdende Reizdosierung bei den Laienmedien im<br />

Umgang mit medizinischen Themen. Allerdings fällt es schwer, mit ihm alle<br />

Redaktionen gleichzusetzen. Viele Journalisten produzieren hervorragende Arbeiten<br />

über medizinische Themen, ohne dabei unter die von Hömberg aufgezeigten<br />

Mängel zu fallen. Mit einer öffentlichen Qualitätskontrolle, deren Definition er nicht<br />

liefert, würde man diese Journalisten mitbestrafen. Und eine solche öffentliche<br />

Qualitätskontrolle enthält eine zweite Gefahr. Artikel 5 Grundgesetz garantiert nicht<br />

nur die Pressefreiheit, sondern untersagt auch die Zensur. 52 Müßten Journalisten<br />

ihre Artikel zu medizinischen Themen einer öffentlichen Stelle zur<br />

„Qualitätskontrolle“ vorlegen, so läge die Gefahr einer Zensur durch die Hintertür<br />

sehr nahe. <strong>Ein</strong>mal eingerichtet, könnte eine Ausweitung auf andere<br />

Redaktionsressorts stattfinden und durch eine solche „Qualitätskontrolle“ könnte die<br />

50 Deneke, Johann F. Volrad, Aspekte und Probleme der<br />

Medizinpublizistik – Bestandsaufnahme und Analysen zur historischen<br />

und aktuellen Präsentation von Medizin in Massenmedien, Bochum 1985.<br />

51 Hömberg, Walter, Zwischen Menetekel und Mirakel – Medizin in den<br />

Medien, in: Medium – Zeitschrift für Hörfunk, Fernsehen, Film,<br />

Presse, Nr. 3, 1995, S. 17.<br />

52 Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 und 3 Grundgesetz lauten: „Die<br />

Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk<br />

und Film werden gewährleistet. <strong>Ein</strong>e Zensur findet nicht statt.“<br />

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