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Ein Entwurf des publizistischen Kriteriums „Sensibilität“

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Themen durch qualitative Illustration gesteigert werden konnte. 139 Jedoch ist nicht<br />

jede Form der Illustration geeignet, die textliche Aussage zu erhöhen. Oftmals kann<br />

auch der gegenteilige Effekt erreicht werden. Hierzu kann Boes keine empirischen<br />

Rezipientendaten präsentieren. Ob nun die Nennung eines Urhebers signifikant eine<br />

„intensivere Aussagewirkung“ ermöglicht, kann bezweifelt werden. Vielmehr besitzt<br />

die Nennung <strong>des</strong> Urhebers einen juristischen Grund (Bildquelle) und wird wegen<br />

ihrer kleinen Schrift auch kaum vom Rezipienten wahrgenommen. Allenfalls andere<br />

Bildproduzenten achten auf Urhebernennungen. Boes stellt ferner zur Diskussion,<br />

ob stärker medizinbezogene Motive die Wirkung gewinnen lassen, weil:<br />

„Die Fachkompetenz <strong>des</strong> Lesers erlaubt auch einen höheren<br />

sachlichen Bezug, beispielsweise durch mehr erläuternde<br />

Objektdarstellungen. Dazu erlaubt die immer stärker das Extrem<br />

suchende Medienberichterstattung – dies ist damit ein positiver<br />

Nebeneffekt – eine Mehrzahl eindrucksvoller medizinischer<br />

Anomalien. Die ‚Standfestigkeit‘ <strong>des</strong> Lesers kann also auch positiv,<br />

beispielsweise zur präventiven Abschreckung genutzt werden“. 140<br />

Auch hier ist Boes einerseits zuzustimmen und andererseits scheint seine These<br />

nicht zu funktionieren. <strong>Ein</strong>e höhere fachliche Kompetenz <strong>des</strong> Leser läßt sich ohne<br />

Zeifel durch „erläuternde Objektdarstellungen“ erreichen. Es ist oftmals leichter,<br />

einen Vorgang im menschlichen Körper zu verstehen, wenn eine graphische<br />

Illustration vorliegt. Auch lassen sich bestimmte Krankheitssymptome besser<br />

erfassen, wenn das entsprechende Fotomaterial diese zeigt. Dann ist es dem<br />

Rezipienten möglich, diese besser zu erkennen und zu verstehen.<br />

Jedoch kann eine „präventive Abschreckung“, die die „Standfestigkeit“ <strong>des</strong> Lesers<br />

prüfen soll, keinen pädagogischen Effekt erzielen. Auch nicht durch Darstellung von<br />

medizinischen „Anomalien“, die allenfalls in das Horror-Genere gehören. Wie bereits<br />

aus der Kriminologie bestens bekannt ist, bewirkt eine präventive Abschreckung<br />

durch Strafe keinen Rückgang der Kriminalität. Oder wird die Anzahl der Raucher<br />

durch die Darstellung einer geöffneten und vollkommen verteerten Lunge<br />

verringert?<br />

Insgesamt bleibt festzuhalten, daß die Arbeit von Boes zu einem bisher wenig<br />

behandelten Gebiet der Medizinjournalismus-Forschung gehört. Der bildlichen<br />

Darstellung von medizinischen Themen wird zunehmend – gerade im Zeitalter <strong>des</strong><br />

Internets – eine erhöhte Bedeutung zukommen.<br />

Die wesentlichen Medienuntersuchungen zu medizinischen Inhalten<br />

Jahr Autor Untersuchtes Medium<br />

1972 Kärtner, Georg „Der Spiegel“ und andere Massenmedien<br />

1976 Soritsch, Alois „Neue Kronenzeitung“ und „Kurier“<br />

1978 Merscheim, Horst „Bunte“, „Neue Revue“, „Quick“ und „Stern“<br />

1980 König, Sieghard „Time“<br />

1981 Nauels, Ingeborg „Der Spiegel“<br />

139 Siehe hierzu auch Kapitel 5.1. der vorliegenden Arbeit.<br />

140 Ebenda, S. 248.<br />

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