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Ein Entwurf des publizistischen Kriteriums „Sensibilität“

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Stellung bezogen hatte, wurde das Editorial auch als Forum zur<br />

Kommentierung benutzt.<br />

Das Editorial sollte ein Brief an die Leser sein. Die Leser wurden somit auch<br />

als „Liebe Leserinnen, liebe Leser“ angesprochen. Wegen dieser persönlichen<br />

Anrede wurde der Druck <strong>des</strong> gesamten Editorials kursiv gehalten.<br />

Unterschrieben wurde das Editorial mit „Ihre Redaktion“. In einer einzigen<br />

Ausgabe wurden aufgrund von Leseranfragen die Fotos der Redaktion<br />

veröffentlicht. Damit sollten die Leser den <strong>Ein</strong>druck erhalten, daß es sich bei<br />

der „Autoimmun“ nicht um ein gesichtsloses Blatt handelt. Dennoch hält Klaus<br />

H. Grabowski bei allen Bemühungen die journalistische Arbeit für weitgehend<br />

entpersönlicht. 210 Dies trifft damit auch auf die sogenannten Editoriale zu.<br />

Unterlegt wurde das Editorial mit einem Zitat, das zum Schmunzeln oder<br />

Nachdenken einladen sollte. Hierbei wurden Inhalte verwendet, die entweder<br />

medizinischen Ursprungs waren oder sich durch eine erfrischende<br />

Doppeldeutigkeit auszeichneten. <strong>Ein</strong> Beispiel soll das Anliegen verdeutlichen:<br />

„Neue Heilmethoden - Berühmt zu werden liegt an dem: Du mußt<br />

begründen ein System! Such was Verrücktes und erkläre, daß<br />

alles Heil im Kuhmist wäre, dem, auf die Wunde warm gestrichen,<br />

noch jede Krankheit sei gewichen, und den, nachweislich, die<br />

Azteken geführt in ihren Apotheken. Hält man dich auch für einen<br />

Narren, du mußt nur eisern drauf beharren, dann fangen immer<br />

einige an zu glauben, es sei doch was dran, und du gewinnst dir<br />

viele Jünger, die deine Losung: „Kraft durch Dünger“ streng<br />

wissenschaftlich unterbauen und weiterkünden voll Vertrauen!“ 211<br />

<strong>Ein</strong>e weiteres Element der dritten Seite war die Rubrik „nach<br />

Redaktionsschluß“. Das Allerneuste oder die letzte Aktualität wurden hier den<br />

Lesern präsentiert. Er sollte das Gefühl bekommen, daß die Redaktion keine<br />

Mühen und Anstrengungen scheut, um auch in allerletzter Minute die Leser<br />

über wichtige Dinge zu informieren. Themen, die hier plaziert wurden, sind in<br />

späteren Ausgaben teilweise vertieft worden.<br />

Nach der dritten Seite begann das Titelthema mit unterschiedlicher<br />

Seitenlänge. Die Recherchen dazu wurden früh. Das Titelthema sollte ein<br />

Thema von möglichst vielen Seiten aus betrachten, aber nicht die gesamte<br />

wissenschaftliche Tiefe abdecken. Waren es zu Beginn noch häufig<br />

therapeutische Themen, so entwickelte die Redaktion nach der Versagung der<br />

Zulassung <strong>des</strong> von Franke verwendeten Medikaments ein Konzept, das auch<br />

aktuelle und übergreifende Themen zum Gegenstand hatte. In der<br />

210 Grabowski, Klaus H.; Strukturelle Probleme <strong>des</strong><br />

Wissenschaftsjournalismus in aktuellen Massenmedien – <strong>Ein</strong>e<br />

soziologisch-kommunikationswissenschaftliche Untersuchung, Bochum<br />

1982, S. 45.<br />

211 Gedicht von Eugen Roth, abgedruckt in Autoimmun,<br />

Dezember/Januar 1997/1998, Nr. 6, S. 3.<br />

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