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Ein Entwurf des publizistischen Kriteriums „Sensibilität“

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öffentlichen Gesundheitspolitik zu verantwortenden<br />

Entscheidungen – und zwar in einem überraschend<br />

ausgewogenen Verhältnis – kann der „Stern“ als die einzige<br />

Zeitschrift mit einem politisch liberalen bis progressiven<br />

Selbstverständnis bezeichnet werden.“ 88<br />

Interessant an den Ausführungen Merscheims ist das Ergebnis, daß der<br />

„Stern“ mit dem Anspruch, eine „informierte Öffentlichkeit“ herzustellen, den<br />

Rezipienten bereits hervorhebt. Daß dies für Medien, die sich mit<br />

medizinischen Themen beschäftigen, besonders beachtenswert ist, wurde<br />

bereits erörtert.<br />

1989 legt Sieghard König seine medizinische Disseration unter dem Titel „Arzt<br />

und Medizin in der TIME“ vor. 89 König wertete die Ausgaben von TIME/Europe<br />

aus den Jahren 1971 bis 1976 empirisch nach medizinischen Berichten in der<br />

Zeitschrift aus. Diese Untersuchung ist <strong>des</strong>halb hervorzuheben, weil TIME es<br />

sich seit ihrer Gründung im Jahre 1923 zur Aufgabe gemacht hat, über<br />

medizinische Themen wahrheitsgetreu zu berichten. Als Folge dieses<br />

Selbstverständnisses hat die Zeitschrift eine abgetrennte redaktionelle Rubrik<br />

für medizinische Themen eingerichtet.<br />

König stellt fest, daß der Umfang medizinischer Themen in der TIME bei rund drei<br />

Prozent liegt. 90 Nachfolgend ermittelt er die Häufigkeit der verschiedenen<br />

medizinischen Disziplinen (Chirurgie, Innere Medizin, Krebsforschung,<br />

Pharmakologie, Gynäkologie, Abtreibung, Sexualmedizin, Psychologie,<br />

Gesundheitserziehung sowie Gesundheits- und Stan<strong>des</strong>politik). Bei der Ermittlung<br />

der Häufigkeiten steht die Gesundheits- und Stan<strong>des</strong>politik in der TIME weit im<br />

Vordergrund. 91 Die anderen Disziplinen schwanken in ihrem Auftreten teilweise sehr<br />

stark. König erklärt die Häufigkeit ihrer Erwähnungen mit den Veröffentlichungen<br />

von sogenannten Cover-Stories, die viel Raum einnahmen. Besonders<br />

bemerkenswert ist Königs Feststellung:<br />

„Der Anteil der Leserbriefe, die sich sich auf medizinische Artikel<br />

beziehen, ist insgesamt prozentual größer als der Anteil der<br />

Medizin-Berichterstattung am gesamten redaktionellen Angebot.“ 92<br />

Auch dies ist wieder ein Indiz für ein ausgeprägtes Informationsbedürfnis der<br />

Rezipienten an medizinischen Themen. Wie bei einigen Medienuntersuchungen, die<br />

von Mediziniern durchgeführt worden sind, wird jeweils zusätzlich die Frage<br />

behandelt, inwieweit es sinnvoll erscheint, überhaupt medizinische Themen in der<br />

Laienpresse anzusprechen. König hebt die Gefahren einer solchen<br />

Berichterstattung hervor. Im einzelnen sind dies: Der Leser forscht nach eigenen<br />

Krankheiten und entdeckt Symptome bei sich. In einem zweiten Schritt kann er eine<br />

88 Ebenda, S. 267.<br />

89 König, Sieghard, Arzt und Medizin in der TIME 1971-1975,<br />

Düsseldorf 1980.<br />

90 Ebenda, S. 20.<br />

91 Ebenda, S. 25.<br />

92 Ebenda, S. 168.<br />

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