10.12.2012 Aufrufe

Ein Entwurf des publizistischen Kriteriums „Sensibilität“

Ein Entwurf des publizistischen Kriteriums „Sensibilität“

Ein Entwurf des publizistischen Kriteriums „Sensibilität“

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Dem gesunden Körper stehen zur Erhaltung seiner Unversehrtheit eine<br />

Vielzahl von Mechanismen zur Verfügung, die sich gegen von außen wirkende<br />

Fremdstoffe, aber auch gegen als fremd erkannte körpereigene Strukturen<br />

wenden. Prof. Rainer Landgraf vom Max-Planck-Institut hat sich nun die<br />

Aufgabe gestellt, die Beziehungen zwischen Neuropeptiden und Zytokinen<br />

(Eiweißstoffen, die hauptsächlich von bestimmten Abwehrzellen produziert<br />

werden und für die Kommunikation und Regulation <strong>des</strong> Immunsystems<br />

verantwortlich sind) zu erforschen.<br />

Landgraf setzt ein Wechselspiel von Interleukin 1 und dem Neuropeptid<br />

Vasopressin voraus, das in einem Kompromiß zwischen immunologischer<br />

Reaktionsfähigkeit bzw. Infektionsabwehr und angemessenem Verhalten oder<br />

Befindlichkeit mündet. Demnach werde schon beim ersten Auftreten in<br />

bestimmten Hirngebieten das Neuropeptid Vasopressin freigesetzt, welches<br />

Lern- sowie Gedächtnisprozesse <strong>des</strong> Immunsystems fördert.<br />

Ist das Immunsystem intakt, ist es nicht nur in der Lage, die jeweilige Störung<br />

erfolgreich zu bekämpfen, sondern auch Informationen über den<br />

Krankheitserreger zu speichern. <strong>Ein</strong>e neuerliche Infektion kann wirkungsvoll<br />

bekämpft werden.<br />

Wie nun nachgewiesen wurde, können andere Faktoren die Funktionsfähigkeit<br />

<strong>des</strong> Immunsystems beeinflussen. So wurde festgestellt, daß bei Studenten in<br />

Prüfungssituationen die Lymphozyten schwächer auf aktivierende Substanzen<br />

reagierten, was bedeutet, daß im Falle eines Infektionsschubes der Körper<br />

nicht mit voller Kraft dagegen vorgehen kann.<br />

Biochemische Ebene<br />

Hierbei stellt sich die Frage, in welcher Form das Gefühl der Prüfungsangst<br />

auf biochemischem Wege umgesetzt wird. <strong>Ein</strong>e für die biochemische<br />

Untersuchung relevante Gruppe der Botenstoffe sind die Neuropeptide, die<br />

aus höchstens 100 Aminosäuren bestehen und von Zellen <strong>des</strong> zentralen<br />

Nervensystems gebildet werden. Diese körpereigenen Wirkstoffe werden nun<br />

aber auch vom Immunsystem gebildet. In diesem Fall spricht man von<br />

Immunopeptiden. Klassische Botenstoffe <strong>des</strong> Immunsystems, die Zytokine,<br />

lassen sich im Gehirn nachweisen und beeinträchtigen wahrscheinlich auch<br />

unsere Gefühlswelt während einer Infektionskrankheit.<br />

Auslöser für Gefühle<br />

Es ist also deutlich, daß Zellen miteinander kommunizieren, direkt und folglich<br />

schneller über Neuropeptide, oder aber indirekt, meistens über Hormone.<br />

Aber wie? Hierbei spielen die Rezeptoren der Neuro/Immunopeptide eine<br />

wichtige Rolle. Rezeptoren sind meistens Proteinmoleküle, die auf der<br />

Oberfläche von Zellen sitzen.<br />

Werden von den jeweiligen Zellmembranen Botenstoffe empfangen, so lösen<br />

sie im Inneren chemische Veränderungen aus. Vermutlich werden durch die<br />

Aktivierung solcher Rezeptoren über bislang noch unklare Abläufe Emotionen<br />

ausgelöst bzw. unterdrückt.<br />

Die Vermutung, daß Störungen emotionaler Art, wie etwa der Verlust <strong>des</strong><br />

Partners, mit dem späteren Auftreten der Krankheit verbunden sein kann, liegt<br />

nahe. Gefühle wie Ärger, Angst, Trauer, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit<br />

werden als besonders streßintensiv erlebt. Streß wurde von dem<br />

österreichischen Physiologen Hans Seyle 1950 als unspezifische Reaktion<br />

254

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!