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Ein Entwurf des publizistischen Kriteriums „Sensibilität“

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Bewußte Ernährung ist heute in aller Munde. Durch den Körperkult der<br />

Neunziger, der uns Supermarktregale voller Lightprodukte beschert hat, durch<br />

einen Lebensmittelskandal nach dem anderen - die Frage nach der Qualität<br />

von Nahrungsmitteln bekommt immer mehr Gewicht. BSE-Rindfleisch,<br />

Nitratsalat und belastete Babykost machen Angst und verunsichern bei der<br />

Entscheidung, was denn überhaupt noch unbedenklich verzehrt werden darf.<br />

Viele Menschen beantworten diese Frage durch Verzicht: Liebgewordene<br />

Essgewohnheiten werden aufgegeben. Statt <strong>des</strong> leckeren Sonntagsbratens<br />

schmurgeln dann eben Sojabratlinge in der Pfanne. Der Heißhunger auf<br />

Verbote und Regeln hat eine endlose Liste von Sonderernährungsformen und<br />

Diäten hervorgebracht.<br />

Mit der Ärztin Edelgard Hermann-Kunz unterhielt sich autoimmun-Redakteur<br />

Jens Zimmermann zu Fragen der Ernährung. Die engagierte Medizinerin ist<br />

Leiterin <strong>des</strong> Fachgebiets Ernährungserhebung und Gesundheit im Berliner<br />

Robert-Koch-Institut. Sie war maßgeblich an der Berliner Vegetarierstudie <strong>des</strong><br />

BGA beteiligt, einer vergleichenden Studie zwischen Vegetarieren und<br />

gesundheitsbewußten Nicht-Vegetariern.<br />

autoimmun: Haben die vielen Diäten und Ernäh-rungsformen auch mögliche<br />

Gefahren, die nicht zu einer besseren Gesundheit sondern - ganz im<br />

Gegenteil - zu Störungen <strong>des</strong> Wohlbefindens führen?<br />

Hermann-Kunz: Ich halte beispielsweise makrobiotische Ernährung in ihrer<br />

höchsten Stufe für gefährlich. Das Schwergewicht liegt nur auf<br />

Getreideprodukten. Frisches Obst, frisches Gemüse soll man gar nicht mehr<br />

essen: Das ergibt natürlich einen Mangel, gerade an Vitamin C und<br />

Mineralstoffen.<br />

autoimmun: <strong>Ein</strong>ige Ernährungssysteme gehen mit wenig wissenschaftlichen<br />

Richtlinien bei der Auswahl von Nahrungsmitteln vor. Sie suchen nach deren<br />

Yin und Yan-Gehalt, verlangen, daß das Gemüse vor Sonnenaufgang<br />

geerntet wird - oder finden die Farbe eines Lebensmittels überaus wichtig.<br />

Hermann-Kunz: Da steht eine Ideologie dahinter. Aber: Kann man<br />

Ernährungsformen wirklich so einteilen? Steht bei Hayscher Trenndiät z. B.<br />

nicht auch eine Ideologie dahinter? Denn wissenschaftlich gibt es kaum einen<br />

Grund, Kohlehydrate nicht gleichzeitig zusammen mit Eiweißprodukten zu<br />

essen.<br />

autoimmun: <strong>Ein</strong>ige Menschen haben Erfahrung mit mehreren Diäten. Sie<br />

suchen geradezu nach Diäten, die sie noch nicht gemacht haben.<br />

Hermann-Kunz: Oft machen übergewichtige Menschen unheimlich viele<br />

Diätversuche. Das kann zu Negativfolgen führen, wie die permanent<br />

ansteigenden Zahlen der Eßstörungen zeigen. Denn durch eine zeitlich<br />

begrenzte Diät - egal welche - kann man sein Gewicht nicht auf Dauer<br />

reduzieren. Erfahrungsgemäß steigt das Körpergewicht nach einer Diät sehr<br />

schnell wieder an. Da gibt es die Theorie vom eingestellten Sollgewicht: Der<br />

Körper hat sich über Jahre an ein bestimmtes Gewicht gewöhnt, das möchte<br />

er wieder erreichen. Deshalb versucht der Körper nach einer Diät die<br />

aufgenommene Nahrung stärker auszunutzen. Dieses Problem löst man nur<br />

durch dauerhafte Ernährungsumstellung.<br />

autoimmun: Ist es nicht einfacher, das Mehr an Kilos einfach zu akzeptieren?<br />

Hermann-Kunz: Wenn Modekriterien der Hauptgrund für's Abnehmen sein<br />

sollen, dann ist das kritisch zu betrachten. Kleine Fettpolster am<br />

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