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Ein Entwurf des publizistischen Kriteriums „Sensibilität“

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dies „Der Spiegel“ tat. Der „Stern“ wies dabei die „insgesamt umfangreichste,<br />

sachlich klarste und vielseitigste Information unter den untersuchten Zeitschriften<br />

auf und zeichnete sich vor allem im Vergleich zur ‚Neuen Welt‘ durch bessere<br />

Verständlichkeit und Didaktik aus“. 114 Daß im Mittelpunkt der Berichterstattung die<br />

chronischen Krankheiten Krebs, AIDS und Herz-Kreislauferkrankungen standen,<br />

wundert wenig, denn sie besitzen eine medienwirksame Dramatik, die andere, nicht<br />

unbedingt seltener auftretende Erkrankungen, nicht vorweisen können. Hierzu die<br />

Autoren:<br />

„Interessant erscheint gegenüber der häufigen Abhandlung der<br />

obigen drei Erkrankungen, wie eine ebenfalls recht häufige<br />

Erkrankung – die Multiple Sklerose – stark unterrepräsentiert ist,<br />

möglicherweise weil sie journalistisch weniger ergiebig ist, im<br />

Vergleich zu besser bekannten und mit drastischeren<br />

Assoziationen versehenen Erkrankungen, möglicherweise auch<br />

als Ausdruck <strong>des</strong> geringen Stellenwerts der MS in der<br />

medizinischen und psychosozialen Forschung.“ 115<br />

Ende der achtziger Jahre veränderten sich die Inhaltanalysen zu medizinischen<br />

Themen in Massenmedien. Bislang standen die einzelnen Medien mit ihrer breiten<br />

medizinischen Berichterstattung im Vordergrund. Nun wenden sich die<br />

Wissenschaftler einzelnen Krankheiten in bestimmten Medien zu. <strong>Ein</strong> Beispiel dafür<br />

ist die Disseration von Detlev Wende. Er untersuchte die Berichterstattung zum<br />

Thema Krebs in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und verglich sie mit der der<br />

„Bild-Zeitung“. 116 Der Autor geht davon aus, daß er „erstmalig die Medizin in der<br />

Tagespresse exemplarisch an zwei gegensätzlichen Presseerzeugnissen<br />

darlegt“. 117 Offensichtlich ist ihm die eben dargestellte Untersuchung von Fritz A.<br />

Muthny und Michael Bechtel, die unter anderem die „Neue Welt“ und die Zeitschrift<br />

„Der Spiegel“ verglich, entgangen.<br />

Wende nahm sich die Jahrgänge 1974, 1976 und 1978 als Untersuchungszeit vor.<br />

Ihm standen 186 Artikel aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und 273 Artikel<br />

aus der „Bild-Zeitung“ zur Verfügung. Seine Untersuchung ergab unter anderem,<br />

daß in der „Bild-Zeitung“ 36 Prozent der Artikel zum Thema Krebs auf der Titelseite<br />

erschienen sind. Seine Ergebnisse zur Berichterstattung über Krebs in beiden<br />

Medien faßt er wie folgt zusammen:<br />

„Aus der Gegenüberstellung ergibt sich, daß die BZ bevorzugt<br />

<strong>Ein</strong>zelberichte präsentiert, die leicht zur Verzerrung der<br />

Gesamtproblematik führen; überdies überwiegt in der BZ die<br />

114 Ebenda, S. 196, der „Stern“-Befund entspricht Horst Merscheims<br />

Ergebnissen aus dem Jahre 1978.<br />

115 Ebenda, S. 196, hierzu auch: Franke, Niels, Multiple Sklerose,<br />

Sternberg-Percha 1992, 2. Auflage, Klappentext.<br />

116 Vergleiche zum Thema Krebs auch „Autoimmun“, April 1995, Nr. 2,<br />

S. 5-7.<br />

117 Wende, Detlev; Über die medizinische Berichterstattung von Krebs<br />

in Tageszeitungen und deren kritische Bewertung – Dargestellt am<br />

Beispiel der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und der „Bild-<br />

Zeitung“ in den Jahren 1974, 1976 und 1978, Bochum 1990, S. 10.<br />

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