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Ein Entwurf des publizistischen Kriteriums „Sensibilität“

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menschliche Wärme und Güte aus, die auch mit zu seinen führenden<br />

Merkmalen zählten.“ 8<br />

Pette starb 1964. Das nach ihm benannte Heinrich-Pette-Institut in Hamburg<br />

existiert noch heute. Auch anläßlich <strong>des</strong> 40jährigen Bestehens der DMSG fiel<br />

in ihrer Jubiläumsausgabe 1994 kein kritisches Wort über Schaltenbrand und<br />

Pette. Dort werden beide als „zwei besonders klingende Namen am Horizont<br />

der internationalen wissenschaftlichen Medizin“ 9 bezeichnet.<br />

Ebenfalls dem ersten Ärztlichen Beirat der DMSG gehörte Prof. Dr. Dr. Hans<br />

Harmsen an, Experte für Hygiene und Sozialhygiene. Er trat seinerzeit<br />

öffentlich für die Zwangssterilisation von Erbkranken und „Schwachsinnigen“<br />

ein. Bereits 1934 steckte Harmsen die Marschrichtung für die neue<br />

„Weltanschauung“ ab: „Wohl an keinem Punkt werden die Grundlagen der<br />

neuen Weltanschauung <strong>des</strong> Nationalsozialismus so deutlich wie in seiner<br />

Stellung zur Bevölkerungs- und Rassenfrage. Es war auch auf diesem Gebiet<br />

der exakt arbeitenden naturwissenschaftlichen Forschung, nämlich der<br />

Vererbungswissenschaft, vorbehalten, die Grundlagen unserer heutigen<br />

geistigen Neuorientierung zu schaffen … Es gilt den Boden zu bereiten, auf<br />

dem die geplanten Maßnahmen der Reichsregierung nicht nur Anerkennung,<br />

sondern auch die freudige Mithilfe der gesamten Bevölkerung erfahren.“10 Die<br />

von Harmsen erwähnten „geplanten Maßnahmen“ gipfelten in dem<br />

millionenfachen Mord an den europäischen Juden, Sinti und Roma sowie an<br />

Kranken und Andersdenkenden. Harmsen war seit 1953 Mitglied im Ärztlichen<br />

Beirat der DMSG.<br />

Schutz für einen Massenmörder<br />

Während sich in den fünfziger Jahren die ge-meinnützige DMSG offen um<br />

Spenden von Pharmafirmen bemühte und auch erhielt (Behringwerke AG,<br />

Ciba Geigy GmbH u.a.), deckte ein Mitglied ihres Ärztlichen Beirats den als<br />

Straftäter gesuchten Dr. Werner Heyde. 1958 wurde Prof. Dr. Gustav E.<br />

Störring ständiges Mitglied im Ärztlichen Beirat. Schon ein Jahr später tauchte<br />

er im Bericht <strong>des</strong> Untersuchungsausschusses <strong>des</strong> Landtags in Schleswig-<br />

Holstein auf. (Siehe hierzu auch Seite 14.)<br />

Störring wußte, wo sich Dr. Werner Heyde unter dem falschen Namen Dr.<br />

Sawade befand. Er kannte ihn, weil sie von 1928 bis 1932 gemeinsam an der<br />

Nervenklinik in Würzburg gearbeitet hatten. Heyde wurde 1946 wegen mehr<br />

als 100.000 Morden an deutschen Patienten in Abwesenheit zum Tode<br />

verurteilt. Er entkam und praktizierte unter dem falschen Namen Dr. Sawade<br />

in Flensburg. Heyde wurde bis 1959 von vielen Ärzten und weiteren<br />

einflußreichen Personen, die wußten, wer er wirklich war und wo er sich<br />

aufhielt, gedeckt. Dieser Skandal beschäftigte schließlich den schleswigholsteinischen<br />

Landtag. Das Mitglied <strong>des</strong> Ärztlichen Beirats Störring wurde<br />

dort als Mitwisser genannt.11<br />

Gutachten für Hitlers Kindermörder<br />

Störring war kein <strong>Ein</strong>zelfall: Bis zu seinem Tod 1974 war Prof. Dr. Friedrich<br />

Erbslöh Mitglied <strong>des</strong> Ärztlichen Beirats der DMSG. Erbslöh bewahrte 1964 mit<br />

einem medizinischen Gutachten Dr. Hans Hefelmann vor einem Strafurteil.<br />

Dieser wurde in einer 833 Seiten langen Anklageschrift beschuldigt, an der<br />

grausamen und heimtückischen Tötung von min<strong>des</strong>tens 70.000 Erwachsenen<br />

und 3.000 Kindern beteiligt gewesen zu sein.12 Hefelmann war als Referent in<br />

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