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Ein Entwurf des publizistischen Kriteriums „Sensibilität“

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nicht durch die direkte Zufuhr von Pflanzenteilen. Das auf dem<br />

amerikanischen Markt eingeschränkt zugelassene Medikament „Marinol“ mit<br />

dem Wirkstoff Delta-9-THC gilt nach dem BtMG als „verkehrsfähiges, aber<br />

nicht verschreibungsfähiges Betäubungsmittel“ und kann daher weder<br />

erworben noch eingesetzt werden. <strong>Ein</strong>e Gesetzesnovelle, die die<br />

Verschreibung im <strong>Ein</strong>zelfall ermöglichen soll, ist im Deutschen Bun<strong>des</strong>tag seit<br />

1995 in Vorbereitung. Lediglich das Cannabinoid „Nabilon“, das zur<br />

Behandlung der Folgen der Chemotherapie als verschreibungsfähig eingestuft<br />

wurde, kann derzeit mit einem Sonderrezept nach BtMG verordnet werden.<br />

Über günstige Wirkungen von „Nabilon“ gegen MS-Symptome ist jedoch<br />

nichts Näheres bekannt.<br />

Mehrere Forscherteams haben nun begonnen, die heilsamen Wirkungen <strong>des</strong><br />

Cannabis systematisch zu ergründen. Das Institut für Onkologische und<br />

Immunologische Forschung am Krankenhaus Berlin-Moabit wird, wenn die<br />

letzten bürokratischen Hürden genommen sind, in Kürze eine<br />

Doppelblindstudie mit 360 Aids- und 360 Krebspatienten beginnen. Ziel der<br />

voraussichtlich einjährigen Studie ist es, die appetitsteigernde Wirkung <strong>des</strong><br />

THC zu testen, um den oft rapiden Gewichtsverlust der Patienten aufzuhalten.<br />

Weiterhin soll die medizinische Wirkung von extrahiertem im Vergleich zu<br />

synthetisiertem THC geprüft werden. Die Forscher erwägen bereits, im<br />

Anschluß daran in Zusammenarbeit mit der neurologischen Abteilung <strong>des</strong><br />

Berliner Universitätsklinikums Charité eine weitere Versuchsreihe mit MS-<br />

Patienten in Gang zu setzen, doch sind noch keine Vorbereitungen dazu<br />

getroffen worden.<br />

Erste Ergebnisse über den <strong>Ein</strong>fluß von Cannabis auf verschiedene MS-<br />

Symptome legte nun eine amerikanisch-britische Forschergruppe um den<br />

Pharmakologen Paul Consroe von der University of Arizona in der Zeitschrift<br />

„European Neurology“ (Heft 38, 1997) vor. Sie befragten 112 unterschiedlich<br />

stark behinderte MS-Kranke in den USA und Großbritannien über deren<br />

Erfahrungen beim Cannabis-Rauchen. Die 45 Frauen und 57 Männer, die den<br />

Fragebogen anonym beantworteten, hatten zum großen Teil bereits mehrere<br />

Jahre auf eigene Initiative Cannabis eingenommen. Auch die Dosierung hatte<br />

in ihrem Ermessen gelegen. 24 Anwender gaben sogar an, Cannabis auch als<br />

Rauschdroge konsumiert zu haben. Die Verabreichung unterlag also<br />

ebensowenig der Kontrolle der Forscher wie die Überprüfung der Angaben.<br />

Die rein subjektiven Antworten der Patienten lassen eine deutlich<br />

erleichternde Wirkung <strong>des</strong> Cannabis auf typische MS-Beschwerden erkennen.<br />

Über 70 Prozent gaben an, die Ruhe- und Bewegungsspastik habe sich<br />

deutlich gemildert, Schmerzen der Gliedmaßen seien zurückgegangen und<br />

das Taubheitsgefühl in den Extremitäten habe sich verringert. Zwischen 50<br />

und 63 Prozent der Kranken verspürten zudem einen deutlichen Rückgang<br />

<strong>des</strong> Tremors, Erleichterungen beim Gehen und einen Rückgang depressiver<br />

Verstimmungen. Auch berichteten 70,5 Prozent der Patienten von der<br />

Rückkehr der Symptome beim Absetzen von Cannabis. Als negative <strong>Ein</strong>flüsse<br />

nannten bis zu 10 Prozent eine leichte Verschlechterung <strong>des</strong><br />

Gleichgewichtsgefühls und der Ermüdbarkeit. 9,4 Prozent bemerkten leichte,<br />

3,8 Prozent sogar schwere Beeinträchtigungen <strong>des</strong> Erinnerungsvermögens.<br />

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