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Ein Entwurf des publizistischen Kriteriums „Sensibilität“

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iskiert nicht nur eine Verschlechterung seines Zustands, sondern darf andere<br />

Therapien nicht beginnen, um das Ergebnis nicht zu verfälschen.<br />

Besonders MS-Patienten gehen ein hohes Risiko ein, wenn sie an<br />

sogenannten Doppelblindstudien teilnehmen. Weder Patient noch<br />

behandelnder Arzt wissen, ob ein wirksames Präparat oder ein Placebo<br />

verabreicht wurde. Diese Form von Arzneimittelprüfung ist für die Zulassung<br />

einer Arznei Voraussetzung. Ohne Doppelblindstudie geht es nun einmal<br />

nicht. Doch jede Regel hat ihre Ausnahme. So lassen sich schwerlich<br />

Placebos bei Krebskranken einsetzen, man stößt dort an ethische Grenzen.<br />

Auch bei Transplantationen wäre es kaum möglich, dem Körper etwas<br />

vorzumachen.<br />

Hingegen hält man viele Autoimmunerkrankungen für nicht so schlimm, als<br />

daß man den Erkrankten nicht doch die Placebo-Tortour abverlangt. Rheuma,<br />

Lupus und MS zählen zu den „erträglichen Krankheiten“, wie es jüngst ein<br />

Pharmaberater erklärte. Da diese Auffassung auch von den Spitzenkräften der<br />

Neurologie vertreten wird, ist das Verfahren zu einem non-plus-ultra<br />

geworden, an dem sich alle neuen Medikamente messen lassen müssen.<br />

Rege Kritik an diesen Placebo-Studien wird aber häufig von Wissenschaftlern<br />

geäußert. Sie halten diese Verfahren für nicht aussagekräftig. Zudem tauchen<br />

immer wieder ethische Bedenken auf, wenn chronische und bislang<br />

unheilbare Krankheiten Gegenstand einer Doppelblindstudie werden. Letztlich<br />

ist es für den Pharmaunternehmer, der sein Produkt vermarkten möchte, auch<br />

eine Kostenfrage. Umständliche Placebo-Studien kosten sehr viel Geld. So<br />

kostete die Studie mit Deoxyspergualin bei Multipler Sklerose rund 20 Mio.<br />

Mark. Nun haben sich Wissenschaftler aus den USA und Kanada (Mayo Klinik<br />

und University of Western Ontatrio) die Mühe gemacht, 427 Placebo-Daten<br />

aus vier großen Doppelblindstudien auszuwerten. Dabei ging es um die<br />

Entwicklung einer Methode, die die Zahl der Placebo-Patienten verringern<br />

oder gar ausschließen könnte. <strong>Ein</strong>bezogen wurden nur progressive MS-Fälle<br />

aus zwei Azathioprinstudien, einer Cyclosporin A-Studie und einer<br />

Untersuchung mit dem Wirkstoff Cyclophosphamid. Man konzentrierte sich<br />

nur auf die Daten der Placebo-Patienten. Dabei stellte man ein Modell auf,<br />

das zukünftige Studien auch ohne Placebo zulassen würde. Der von den<br />

Wissenschaftlern überprüfte Placeboverlauf bezieht alle wesentlichen MS-<br />

Faktoren ein. Das Modell geht von einer wahrscheinlich rund 31prozentigen<br />

Verschlechterung auf der EDSS-Skala im Laufe von zwei Jahren ohne<br />

Behandlung aus. Hoffentlich kann man den Placebopatienten diese Zeit bald<br />

ersparen?<br />

Seiten 10 und 11:<br />

Hoffnung für Millionen<br />

Interview mit Autoimmun-Herausgeber Prof. Dr. med. Niels Franke über sein<br />

kürzlich erschienenes Buch und seine neusten Erkenntnisse zu<br />

Deoxyspergualin und der Therapie von Autoimmunkrankheiten<br />

Autoimmun: Sie haben ein neues Buch geschrieben. Was ist Ihr Ziel?<br />

Franke: Meine Absicht besteht darin, auf drei Dinge aufmerksam zu machen:<br />

Erstens auf den Umgang <strong>des</strong> Medizinbetriebes mit Patienten, die an<br />

lebenslangen unberechenbaren Autoimmunerkrankungen leiden; zweitens<br />

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