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Ein Entwurf des publizistischen Kriteriums „Sensibilität“

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Ehefrau ist als Schonvermögen anzusehen, das im vollem Umfang auch für<br />

den Ehemann maßgebend sein muß.<br />

Der Ehemann erbte einen Anteil am Gesamtgut, der mit seinem eigenen<br />

Anteil eine unzertrennbare wirtschaftliche <strong>Ein</strong>heit bildete. Die Gründe, die vor<br />

dem Tod der Ehefrau für die Verschonung <strong>des</strong> Vermögens tragend waren,<br />

gelten auch unverändert nach ihrem Tod.<br />

(VGH München, 12 B 90.3525)<br />

Für Sie gelesen… Werner Schmidt – Leben an Grenzen<br />

Autobiographien bringen dem Leser das Innenleben einer Epoche oft näher,<br />

als die gelehrtesten historischen Abhandlungen. Schmidts Erinnerungen<br />

geben <strong>Ein</strong>blicke in die Verstrickungen der medizinschen Wissenschaft in die<br />

rassistische Politik der NS-Zeit.<br />

Schmidt, 1913 geboren, begann sein Medizinstudium 1932. Er galt als<br />

aussichtsreicher Kandidat für die medizinische Wissenschaft. Doch angesichts<br />

seiner „Rasse“ galten solche Qualitäten nach 1933 als zweitrangig. Er galt als<br />

„Halbjude“. Diesen Menschen waren einige, durch viele Auflagen<br />

eingeschränkte, Rechte noch gelassen worden. Aufgrund einer „Kann-<br />

Bestimmung“ wurde Schmidt 1937 zum Examen zugelassen. Er mußte<br />

allerdings eine Klausel unterschreiben, wonach er für immer auf die<br />

Approbation zu verzichten hatte.<br />

Unter größten Schwierigkeiten gelang es ihm, sein Pflichtpraktikum in einem<br />

katholischen Hospital anzutreten. Er nutzte auch sein Recht, zu promovieren.<br />

Dieser Schritt wurde ein neuer Spießrutenlauf, bis er zwei Mediziner<br />

kennenlernte, die ihm ohne Blick auf "Rassenfragen" die Anfertigung seiner<br />

Doktorarbeit ermöglichten. Der Hamburger Pathologe Dr. Josef Heine<br />

betreute ihn. Zur Annahme der Arbeit an der Universität Gießen forderte man<br />

von ihm erneut den Verzicht auf die Approbation und auf das Führen <strong>des</strong> Dr.-<br />

Titels. Aufgrund der Kriegssituation konnte er dennoch in seiem Beruf<br />

arbeiten. Am Bad Nauheimer Herzforschungsinstitut, wo man ihm noch 1937<br />

brüsk die Tür gewiesen hatte, sollte er kriegswichtige Tierversuche<br />

durchführen. Im Januar 1945 riß ihn die Judenverfolgung aus dieser Tätigkeit:<br />

Er mußte sich zur „Organisation Todt“ melden, einer <strong>Ein</strong>richtung, die vor allem<br />

mit Zwangsarbeitern umfangreiche Bauvorhaben durchführte. Als Arzt hatte er<br />

dort eine Sonderstellung. Obwohl er die Häftlinge und Kriegsgefangene<br />

versorgen sollte, erlangte er bald den Status eines Provinzarztes. <strong>Ein</strong>e Ironie<br />

<strong>des</strong> Schicksals: Da die meisten Ärzte im Krieg waren, betreute er, dem man<br />

zuvor noch erklärt hatte, er sei „arischen“ Patienten nicht zuzumuten, mehrere<br />

sächsische Landgemeinden.<br />

Seine Familie war inzwischen völlig verarmt. Die meisten Bekannten hatten<br />

den Kontakt abgebrochen. Seine jüdische Mutter wurde kurz vor Kriegsende<br />

in das KZ Theresienstadt deportiert. Schmidt selbst organisierte im Sommer<br />

1945 den Rücktransport der wenigen überlebenden Gießener aus dem Lager.<br />

Auch seine Mutter war darunter.<br />

Nach 1945<br />

Schmidts Entlarvung seiner Fachkollegen endet nicht im Mai 1945. Er hatte<br />

gehofft, die Handlanger <strong>des</strong> Regimes würden nun ihrer Posten enthoben,<br />

doch er wurde enttäuscht. Bald kam ein schwunghafter Handel mit<br />

entlastenden Papieren in Gang, die Entnazifizierung entpuppte sich als Farce.<br />

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