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Ein Entwurf des publizistischen Kriteriums „Sensibilität“

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Es gab klare Anweisungen aus Hannover an alle Lan<strong>des</strong>verbände. Prof. Niels<br />

Franke, der Befürworter von DSG, erhielt Redeverbot. Der Unruhestifter war<br />

ausgemacht und mußte bekämpft werden. <strong>Ein</strong>e fachfremder Arzt mischt sich<br />

in die Belange der Neurologie ein und bezeichnet die Patientenvereinigung als<br />

unfähig. Damit war nicht nur Franke eine unerwünschte Person, sondern,<br />

weitaus folgenreicher, ein Medikament, das die MS-Forschung einen Schritt<br />

weiter gebracht hätte, wurde in seiner Entwicklung blockiert. „Was die MS’ler<br />

für Behandlungen erhalten, bestimmen wir“, äußerte ein ehemaliger<br />

Funktionsträger der DMSG, der resigniert aufgab.<br />

In Marburg sah man sich der geballten Macht von Behörden und<br />

Chefneurologen der bedeutendsten Kliniken gegenüber. Der Eilantrag drohte<br />

tatsächlich abgewiesen zu werden. In dieser Phase wurde die zweite Studie<br />

nach dem gleichen Behandlungsschema begonnen. Die Gegnerschaft sollte<br />

unter anderem mit Hilfe der Presse überzeugt und bekämpft werden - ein<br />

unzureichender Plan. Bei der Schering AG freute man sich über den immer<br />

schwächer werdenden Konkurrenten. „DSG wird plattgemacht.“, so der Tenor<br />

in der Pharmaszene.<br />

Die Türen in Marburg gingen nun plötzlich weit auf. Auf Veranlassung <strong>des</strong><br />

Vorstan<strong>des</strong> bekam Autoimmun <strong>Ein</strong>blick in die <strong>Ein</strong>jahresergebnisse der DSG-<br />

Studie. Protokolle, Daten, Skizzen und anderes Material wurde vorgelegt. <strong>Ein</strong>e<br />

außergewöhnliche Maßnahme. Doch wer als Journalist das Gefühl bekommt,<br />

vor einen Karren gespannt zu werden, betreibt seine Recherche mit aller<br />

Sorgfalt. Es wäre nicht angegangen, die Leser dieses Blattes mit einseitigen<br />

und getäuschten Informationen zu versorgen, zumal die MS nicht vor der<br />

Redaktionstür halt gemacht hat.<br />

<strong>Ein</strong> Jahr DSG: Vielen Patienten geht es besser<br />

Die Ergebnisse bestätigen die bisherigen Trends und Vermutungen. Der<br />

Abstand von einem EDSS-Punkt zu den Placebopatienten blieb bestehen. Die<br />

Zwischenergebnisse der zweiten Studie sind nicht ganz so hervorragend.<br />

Dafür nennt der Behringvertreter mehrere Gründe: schlechte<br />

Patientenauswahl, ungleiche Verteilung in den drei Gruppen (die schweren<br />

Fälle bekamen das DSG, die leichten Fälle das Placebo) und den<br />

entscheidenden Punkt, daß keiner, der in Deutschland etwas zur MS zu sagen<br />

hat, länger für das Medikament eintritt. Das ist nicht von der Hand zu weisen,<br />

obwohl noch viele an der Studie beteiligte Neurologen objektiv ihre<br />

Untersuchungen durchführten. Aber bereits eine kleine Gruppe beteilgter<br />

Ärzte hat die Möglichkeit, das statistische Ergebnis zu verändern.<br />

Da sich die Stimmung bei den Chefneurologen ohnehin deutlich gegen DSG<br />

und für Beta-Interferon geändert hat, scheint es für einen Teil der<br />

untersuchenden Ärzte ein leichtes zu sein, die Ergebnisse <strong>des</strong> klinischen<br />

Befindens (EDSS) zuungunsten von DSG zu protokollieren. Wer kann schon<br />

überprüfen, ob ein Patient nach einer Untersuchung gemäß 3,0 oder 3,5<br />

EDSS-Punkten gehen kann. Zugegeben, dieser massive Vorwurf stammt aus<br />

dem Hause <strong>des</strong> Pharmaunternehmens, das mit dem Medikament Geld<br />

verdienen wollte. Auch wenn er nicht zu beweisen ist, die Stimmung richtete<br />

sich zunehmend gegen die Arznei und in Marburg versuchte man, Prof. Dr.<br />

Niels Franke für bestimmten Handlungen zu gewinnen. Aus dem Anspruch,<br />

den Betroffenen gegenüber weiterhin eine objektive Beurteilung <strong>des</strong><br />

Medikaments aufrechtzuerhalten, lehnte er dieses Begehren ab.<br />

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