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Ein Entwurf des publizistischen Kriteriums „Sensibilität“

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eauftragt. Hierzu konnte der amerikanische Schönheitschirurg Dr. Henry<br />

Jenny gewonnen werden. Die deutsche Übersetzung seines bereits in den<br />

USA erschienenen Buchs „Silicone-Gate“, das sich mit dem Skandal um die<br />

Brustimplantate befaßte, konnte dem deutschen Lesepublikum unter dem Titel<br />

„Risikofaktor Silikon“ angeboten werden. 156 Die hierfür erforderlichen<br />

Vertragsverhandlungen, Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche,<br />

Schlußredaktion und Vertrieb wurden durch die Redaktion und freie<br />

Mitarbeiter wahrgenommen. Ferner oblag der Redaktion die<br />

Bekanntmachung, Werbung und Präsentation in der Presse. Die Thematik<br />

Jennys fügte sich in das verlegerische Konzept, da viele Patienten nach einer<br />

Brustimplantation mit Silikon unter Autoimmunkrankheiten litten. 157<br />

Somit konnte der Rekrutierungsbereich für therapeutische Maßnahmen auf<br />

diese Patienten ausgedehnt werden. Zudem entsprach auch Jenny, der sich<br />

als <strong>Ein</strong>zelkämpfer gegen die gesamte amerikanische Silikonimplantat-Lobby<br />

auflehnte, voll den Imagevorstellungen Frankes. Dieser sah sich in einer<br />

Opferrolle, denn die Kritik an seiner Methode aus Kreisen der Neurologie war<br />

nicht zu überhören. 158 Schließlich verfolgte Franke mit dieser erweiterten<br />

Verlagsaktivität das Ziel, zusätzliche Aufmerksamkeit der Medien zu erhalten,<br />

die er zur Patientengewinnung brauchte.<br />

Gemäß den theoretischen Vorüberlegungen richtete sich das<br />

Verlagsprogramm an Multiple Sklerose-Patienten, deren Angehörige und<br />

weitere Interessenten unter dem Laienpublikum, aber auch unter den<br />

praktizierenden Ärzten. Schon bald wurde das Spektrum der Zeitschrift<br />

„Autoimmun“ auf Informationen über weitere Autoimmunkrankheiten<br />

ausgedehnt. Für das Konzept entwickelte die Redaktion eine Definition <strong>des</strong><br />

Begriffs Autoimmunkrankheit, die sich eng an die der Schulmedizin anlehnte.<br />

Danach handelt es sich um eine Autoimmunkrankheit, wenn der Körper <strong>des</strong><br />

Menschen durch eine im Körper liegende Ursache selbst sich gegen sich<br />

richtet. Ist, wie bei vielen Krankheiten die Ursache noch nicht geklärt, aber<br />

eine Selbstzerstörung <strong>des</strong> Körpers klinisch erkennbar, so liegt ein<br />

Autoimmunkrankheit im weiten Sinne vor. Alleine in Deutschland leiden<br />

schätzungsweise rund vier Millionen Menschen unter Krankheiten wie<br />

Rheuma, Allergien, Diabetes, Neurodermitis, Lupus erythemato<strong>des</strong> und viele<br />

mehr. 159 Unter Autoimmunkrankheiten sind weitaus mehr Frauen als Männer<br />

betroffen. 160<br />

156 Der Titel der Originalfassung lautet: Jenny, Henry, Silicon-<br />

Gate, Siloam Springs, 1994. Die deutsche Übersetzung: Jenny, Henry,<br />

Risikofaktor Silikon, Berlin 1995.<br />

157 Vergleiche hierzu: Autoimmun, Dezember / Januar 1994 / 1995, Nr.<br />

6, S. 6-8.<br />

158 An vorderster Front stand der Ärztliche Beirat der Deutschen<br />

Multiple Sklerose Gesellschaft. In ihrer eigenen Publikation „Aktiv“<br />

wurde häufig vor der Franke-Therapie gewarnt.<br />

159 Zur Neurodermitis ein Überblick: Christa Alheit und Michael<br />

Tycher, Das Beste - Reader’s Digest, Juni 1997, Nr. 6, S. 19-20;<br />

Autoimmun, Februar/März 1995, Nr. 1, S. 12-13.<br />

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