Parteitag der SPD in Hannover
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teilung und die ihnen zugewiesene Rolle<br />
als Hausfrau, Mutter und <strong>der</strong> je<strong>der</strong>zeit verfügbaren<br />
Ehefrau zum Teil aufzubrechen<br />
und eigenständig ihr Leben gestalten zu<br />
können. Die zunehmende Erwerbsarbeit<br />
von Frauen, die sich hauptsächlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Zunahme an Teilzeitarbeit nie<strong>der</strong>schlägt,<br />
hat jedoch nicht dazu geführt, daû die<br />
geschlechtsspezifische Arbeitsteilung aufgehoben<br />
wird. Gleichberechtigte Partizipationsmöglichkeiten<br />
für Frauen im Erwerbsleben<br />
können nur auf Grundlage von<br />
Vollbeschäftigung und e<strong>in</strong>es umfassenden<br />
Ausbaus sozialstaatlicher Leistungen erzielt<br />
werden.<br />
Derzeit gerät die Frauenpolitik von verschiedenen<br />
Seiten unter Druck. Zum e<strong>in</strong>en<br />
trifft die Krise des Arbeitsmarktes Frauen<br />
stärker als Männer, und Frauen haben auch<br />
stärker unter dem Kahlschlag des Sozialstaates<br />
zu leiden. Zu nennen s<strong>in</strong>d hier z. B.<br />
die Heraufsetzung des Rentene<strong>in</strong>trittsalters<br />
für Frauen und die weitere Auflockerung<br />
des Kündigungsschutzes. Zum an<strong>der</strong>en gibt<br />
es aber auch auf <strong>der</strong> ¹kulturellenª Ebene<br />
zunehmend wie<strong>der</strong> Rückdrängungsversuche.<br />
Oftmals greifen natürlich auch die<br />
materiellen Interessen <strong>der</strong> ¹old boysª und<br />
die Propagierung traditioneller Frauenbil<strong>der</strong><br />
zusammen und verstärken sich gegenseitig.<br />
Die fem<strong>in</strong>istische Debatte: Zurück zur<br />
Differenz?<br />
Frauenpolitik bef<strong>in</strong>det sich (wie jede<br />
an<strong>der</strong>e fortschrittliche Politik zur Zeit) <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Defensive. Dies ist vielleicht auch e<strong>in</strong>er<br />
<strong>der</strong> Gründe, warum es <strong>in</strong> <strong>der</strong> fem<strong>in</strong>istischen<br />
Debatte auch zu heftigen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen<br />
über Ziel und Weg <strong>der</strong> Frauenpolitik<br />
kommt. Neuerd<strong>in</strong>gs flammt <strong>in</strong><br />
diesem Zusammenhang e<strong>in</strong> Streit aus den<br />
80er Jahren wie<strong>der</strong> auf: Die Frage nämlich,<br />
ob eher die Gleichheit o<strong>der</strong> die Differenz<br />
<strong>der</strong> Geschlechter Ausgangspunkt aller<br />
emanzipatorischer Politik sei.<br />
Während sich die <strong>SPD</strong> bereits Mitte <strong>der</strong><br />
80er Jahre darauf verständigte, daû das<br />
Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Gleichheit von Frau und Mann<br />
zentral für die Entwicklung fem<strong>in</strong>istischer<br />
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und sozialdemokratischer Strategie sei,<br />
greifen <strong>in</strong> den letzten Jahren wie<strong>der</strong> mehr<br />
Wissenschaftler<strong>in</strong>nen diesen ¹traditionellen<br />
Fem<strong>in</strong>ismusª an. Sie beziehen sich dabei<br />
auf Debatten <strong>der</strong> Postmo<strong>der</strong>ne sowie des<br />
Poststrukturalismus, d.h. sie machen die<br />
Differenz <strong>der</strong> Erfahrungen von Frauen und<br />
Männern zum Ausgangspunkt ihrer politischen<br />
Strategie. Dieser neue Differenzensatz<br />
postuliert nicht die Unterschiedlichkeit<br />
<strong>der</strong> Geschlechter, son<strong>der</strong>n schon die totale<br />
Verschiedenheit <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es<br />
Geschlechts. Dies führt zu e<strong>in</strong>em neuen<br />
Politikansatz, <strong>der</strong> nicht mehr auf die<br />
Gleichstellung zielt, son<strong>der</strong>n auf die Anerkennung<br />
<strong>der</strong> Differenzen. Den traditionellen<br />
Ansätzen unterstellen die ¹Post-Fem<strong>in</strong>ist<strong>in</strong>nenª,<br />
Differenzen zwischen Frauen<br />
zu leugnen und zu verwischen und damit<br />
neue Herrschaftsansprüche zu formulieren.<br />
Sie erklären damit das Gleichheitspr<strong>in</strong>zip<br />
im Fem<strong>in</strong>ismus, das se<strong>in</strong>e politische Entsprechung<br />
<strong>in</strong> <strong>in</strong>stitutionalisierten Formen ±<br />
z. B. <strong>in</strong> den (kommunalen) Gleichstellungsstellen<br />
und) Frauenför<strong>der</strong>plänen ± f<strong>in</strong>det,<br />
für gescheitert.<br />
Die Erfolge dieser Politik <strong>der</strong> Gleichberechtigung<br />
schlagen sich aber deutlich <strong>in</strong><br />
gesetzlichen Regelungen und ihren Konsequenzen<br />
nie<strong>der</strong>. Daher halten wir weiterh<strong>in</strong><br />
an <strong>der</strong> Idee <strong>der</strong> Gleichheit als e<strong>in</strong>em wichtigen<br />
emanzipativen Begriff fest. Dabei<br />
geht es ke<strong>in</strong>eswegs um die Negierung aller<br />
Individualität. Vielmehr ist die Gleichheit<br />
<strong>der</strong> Lebenschancen überhaupt erst die Voraussetzung,<br />
um dann Verschiedenartiges<br />
leben zu können.<br />
Die Jugend-Debatte: Mädchen als<br />
Gew<strong>in</strong>ner<strong>in</strong>nen?<br />
Die aktuelle Jugend-Debatte wird von<br />
Schlagwörtern wie Individualisierung und<br />
Pluralisierung bestimmt. Dabei gelten<br />
junge Frauen zum e<strong>in</strong>en als die Vorreiter<strong>in</strong>nen<br />
dieses Prozesses, so z. B. als Gew<strong>in</strong>ner<strong>in</strong>nen<br />
<strong>der</strong> ¹Bildungsexpansionª. Zum<br />
an<strong>der</strong>en ersche<strong>in</strong>en sie aber immer wie<strong>der</strong><br />
als rückständig, da sie ihre Biographie nicht<br />
ausschlieûlich am Erwerbsleben orientieren.