Parteitag der SPD in Hannover
Parteitag der SPD in Hannover
Parteitag der SPD in Hannover
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Wenn es e<strong>in</strong>e Maûzahl für die erfolgreiche<br />
Teilnahme am ¹globalisiertenª Welthandel<br />
gibt, dann die Auûenhandelsbilanz: Im Jahr<br />
1996 erwirtschaftete die Bundesrepublik<br />
trotz angeblicher Standort- und Konkurrenzprobleme<br />
e<strong>in</strong>en Auûenhandelsüberschuû<br />
von über 100 Mrd. DM. Für das<br />
erste Halbjahr 1997 ist e<strong>in</strong> weiterer<br />
Zuwachs des Auûenhandels von 5,5 Prozent<br />
vorhergesagt. Deutsche Auûen<strong>in</strong>vestitionen<br />
(die angebliche Kapitalflucht) s<strong>in</strong>d<br />
da nur e<strong>in</strong> schwacher Ausgleich e<strong>in</strong>es<br />
Ungleichgewichts auf den Weltmärkten,<br />
das unsere Wirtschaft begünstigt. Sie s<strong>in</strong>d<br />
e<strong>in</strong> Zeichen für die Stärke deutscher<br />
Unternehmen, nicht für e<strong>in</strong>en schwachen<br />
Standort.<br />
Trotz massiver deutscher Erfolge auf dem<br />
Weltmarkt ist die Lohnquote jedoch gefallen<br />
und nicht gestiegen. Hatten die abhängig<br />
Beschäftigten 1982 noch e<strong>in</strong>en Anteil<br />
von knapp über 70 Prozent am Volkse<strong>in</strong>kommen<br />
(bere<strong>in</strong>igte Lohnquote), so war er<br />
bis 1994 um ca. 4 Prozent auf knapp über<br />
66 Prozent gefallen. Auch die Lohnstückkosten<br />
s<strong>in</strong>d im Vergleich mit an<strong>der</strong>en Industrielän<strong>der</strong>n<br />
(den Hauptkonkurrenten im<br />
<strong>in</strong>ternationalen Handel) ke<strong>in</strong>eswegs gestiegen,<br />
son<strong>der</strong>n gefallen. Doch diese Entwicklung<br />
hat uns nicht ± wie versprochen ± vor<br />
steigen<strong>der</strong> Massenarbeitslosigkeit bewahrt.<br />
Auch die Sozialquote ist nicht höher als<br />
Mitte <strong>der</strong> 70er Jahre. Richtig ist jedoch,<br />
daû sich nicht alle Bevölkerungsschichten<br />
gleichmäûig an <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzierung von<br />
Rente, Arbeitslosigkeit und Gesundheitsfürsorge<br />
beteiligen müssen.<br />
E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Mythos ist die Behauptung,<br />
deutsche Unternehmenssteuern nähmen im<br />
<strong>in</strong>ternationalen Vergleich die Spitzenstellung<br />
e<strong>in</strong>. In Wirklichkeit s<strong>in</strong>d die realen<br />
Steuern <strong>der</strong> Unternehmen im Vergleich<br />
mit an<strong>der</strong>en Industriestaaten durchschnittlich.<br />
Die Abschaffung <strong>der</strong> Vermögenssteuern<br />
hat zudem die Vermögensbesitzer ganz<br />
und gar aus <strong>der</strong> sozialen Verantwortung<br />
entlassen. Überdurchschnittlich hoch s<strong>in</strong>d<br />
h<strong>in</strong>gegen die Steuern und Abgaben auf die<br />
E<strong>in</strong>künfte <strong>der</strong> abhängig Beschäftigten.<br />
152<br />
Fallende Lohnquote, immense Steuergeschenke<br />
an Wohlhabende und Unternehmen,<br />
ständige Auûenhandelsüberschüsse,<br />
gleichbleibende Sozialquote ± wenn man<br />
die Aussagen <strong>der</strong> Bundesregierung ernst<br />
nimmt, dürfte es die Massenarbeitslosigkeit<br />
längst nicht mehr geben. Daû sich die<br />
Arbeitslosenzahlen nach 15 Jahren konservativer<br />
Wirtschaftspolitik <strong>in</strong> die Höhe<br />
schrauben, spricht nicht gerade für die<br />
Rezepte <strong>der</strong> Bundesregierung. Die <strong>SPD</strong><br />
muû deshalb endlich eigenständige Lösungen<br />
anbieten.<br />
Dazu gehört auch, sich selbstbewuût zu<br />
den Stärken des eigenen Standortes zu<br />
bekennen und sie zu erhalten. Deutschland<br />
gehört immer noch zu den führenden<br />
Industrienationen. Die Bundesregierung<br />
fixiert sich auf Kostenargumente und vernachlässigt<br />
wichtigere Standortfaktoren<br />
sträflich: Bildung, Forschung und Entwicklung,<br />
stabile soziale Verhältnisse, Sicherung<br />
<strong>der</strong> Massenkaufkraft und gute Infrastruktur.<br />
Schwächen auf diesen Gebieten bekämpft<br />
sie nicht o<strong>der</strong> verstärkt sie sogar. Letztendlich<br />
ist die Bundesregierung mit Bundeskanzler<br />
Kohl, F<strong>in</strong>anzm<strong>in</strong>ister Waigel und<br />
Wirtschaftsm<strong>in</strong>ister Rexrodt voran das<br />
gröûte Problem für den Standort Deutschland.<br />
1.3 Alternative Erklärungen<br />
Der technische und <strong>der</strong> wissenschaftliche<br />
Fortschritt haben uns e<strong>in</strong>en an sich erfreulichen<br />
Zustand beschert: Wir müssen<br />
immer weniger arbeiten, um über dieselben<br />
o<strong>der</strong> sogar steigende Mengen an Gütern<br />
und Dienstleistungen verfügen zu können.<br />
Jahr für Jahr könnten wir mit <strong>der</strong>selben<br />
Zahl an Arbeitskräften <strong>in</strong> <strong>der</strong>selben Zahl<br />
von Stunden ca. 2,5 Prozent mehr Wohlstand<br />
erwirtschaften. Doch dieses ständige<br />
Mehr an Gütern und Diensten f<strong>in</strong>det nicht<br />
den nötigen Absatz. Unsere Produktivität<br />
überholt unseren Verbrauch. Ohne Verbrauch<br />
aber gibt es ke<strong>in</strong> Wirtschaftswachstum;<br />
denn niemand produziert auf Dauer<br />
Waren für die Lagerhalle. Weil <strong>der</strong> Konsum<br />
stockt, blieb das reale Wachstum <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Mehrzahl <strong>der</strong> vergangenen Jahre unterhalb<br />
<strong>der</strong> Schwelle, von <strong>der</strong> an wirklich