Parteitag der SPD in Hannover

partnerschaftlichen und damit glaubwürdigen
Gestaltung der Nord-Süd-Ost-Beziehungen
und aufgrund wohlverstandener
Eigeninteressen der Industrieländer müssen
die staatlichen Leistungen der Entwicklungszusammenarbeit
in den nächsten Jahren
deutlich erhöht werden. Es muû ± trotz
der angespannten Haushaltslage ± energischer
politischer Wille der Bundesregierung
sein, gemeinsam mit den Regierungen
anderer Industrieländer die erforderlichen
Schritte unternehmen und zusätzlich neue
Vorschläge erarbeiten, um globale Entwicklungsfinanzierungen
zu ermöglichen
(z.B. die Tobin-Steuer). Mittelfristiges
Zwischenziel sollte sein, den Abwärtstrend
der letzten Jahre zu stoppen, schrittweise
umzukehren und wieder den Anteil von
2,5 % des Jahres 1988 ± (derzeit: 1,7 %) ±
am Gesamthaushalt zu erreichen. Um dieses
Ziel zu erreichen, müssen die Verpflichtungsermächtigungen
im Entwicklungshaushalt
pro Jahr regelmäûig um
mindestens 10±15 % angehoben werden.
Die Durchführungsorganisationen der Entwicklungszusammenarbeit
müssen gestärkt
und ihre Wirksamkeit erhöht werden. Charakteristisch
für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit
ist die pluralistische
Durchführungsstruktur. Diese institutionelle
Vielfalt ist im Laufe der letzten Jahrzehnte
gewachsen. Sie ermöglicht eine
breite Verankerung der Entwicklungsarbeit
in der deutschen Gesellschaft, einen lebendigen
entwicklungspolitischen Diskurs in
der Öffentlichkeit und differenzierte Leistungsangebote
an die Partner in Entwicklungsländern.
Die Erfahrungen, die die
Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit
in den letzten Jahrzehnten z. B.
in den Bereichen der Armutsbekämpfung,
im Umweltschutz oder bei der Bekämpfung
von Arbeitslosigkeit in den Entwicklungsländern
gemacht haben, können und müssen
künftig viel stärker auch für die eigenen
gesellschaftlichen Probleme in Deutschland
genutzt werden.
Dennoch sind Überlegungen erforderlich,
die politische Gestaltung und Durchführung
der EZ zu optimieren. Dazu gehört
neben der Verbesserung der entwicklungs-
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politischen Führungsfunktion des BMZ
auch die Überprüfung der Aufgabenzuweisungen,
des Zusammenspiels der Instrumente
bis hin zur Überprüfung der organisatorischen
Strukturen. Das BMZ hat
einen abgestimmten Einsatz der Instrumente
(einschl. der Länder-, Regional- und
Sektorkonzepte) ebenso sicherzustellen wie
eine funktionale, gleichberechtigte und
dauerhafte Zusammenarbeit der entwicklungspolitischenDurchführungsorganisationen.
Insgesamt ist hier eine Neuordnung erforderlich,
die auf der Grundlage einer entsprechenden
Auftragsuntersuchung zu
gestalten ist. Die Leitfrage muû sein: Wie
können die Ziele der Entwicklungspolitik
in Arbeitsteilung und Abstimmung durch
effiziente Institutionen, Koordinierung und
Zusammenarbeit umgesetzt werden? Dabei
müssen die funktionale Strukturen der Entwicklungszusammenarbeit
die organisatorischen
Strukturen bestimmen. Aus den Aufgaben
der Entwicklungspolitik ergeben sich
die institutionellen Strukturen im Durchführungsbereich
der Entwicklungszusammenarbeit.
Die Anwendung von Instrumenten
der Entwicklungszusammenarbeit
leitet sich aus den entwicklungspolitischen
Schwerpunktbereichen ab.
2. Schaffung eines Bundesministeriums für
nachhaltige Entwicklung
Entwicklungspolitik ist eine staatliche Aufgabe,
die von einem eigenständigen Ministerium
gestaltet werden sollte. Die neuen
internationalen Anforderungen erfordern
von der staatlichen Politik eine neue Qualität
im politischen Handeln. Die Gestaltungskraft
der Politik muû zurückgewonnen
werden. Internationale Politik muû
insgesamt in ihren Entscheidungen kohärenter
werden. Auûen-, Wirtschafts-,
Sicherheits-, Finanz- und Handelspolitik,
Agrar-, Umwelt-, Bildungs-, Technologieund
Entwicklungspolitik müssen in miteinander
vernetzten Zusammenhängen gesehen
und umgesetzt werden. Vernetztes
politisches Denken muû sich in eine organisatorische
Vernetzung verschiedener
Politikbereiche auswirken und umsetzen.