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Parteitag der SPD in Hannover

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V. Die Aktualität von Arbeitszeitpolitik<br />

Kürzer arbeiten ja ± weniger<br />

verdienen ne<strong>in</strong><br />

Immer wie<strong>der</strong> wird behauptet, daû e<strong>in</strong>e<br />

kürzere Arbeitszeit von den meisten<br />

Beschäftigten gar nicht gewünscht wird.<br />

Belegt wird dies mit den nicht von <strong>der</strong><br />

Hand zu weisenden Mobilisierungsschwierigkeiten<br />

<strong>der</strong> Gewerkschaften für die For<strong>der</strong>ung<br />

e<strong>in</strong>er Verkürzung <strong>der</strong> Arbeitszeit,<br />

sieht man e<strong>in</strong>mal von akuten Bedrohungssituationen<br />

<strong>der</strong> Beschäftigten (wie bei VW)<br />

ab. Dies bedeutet allerd<strong>in</strong>gs nicht, daû die<br />

Beschäftigten e<strong>in</strong>e kürzere Arbeitszeit pr<strong>in</strong>zipiell<br />

ablehnen. E<strong>in</strong>e Untersuchung des<br />

Instituts zur Erforschung sozialer Chancen<br />

(ISO) im Auftrag des MAGS NRW aus<br />

dem Jahr 1995 hat bestätigt, daû die meisten<br />

Beschäftigten kürzer arbeiten wollen,<br />

als sie bislang müssen:<br />

Tabelle 1: Tatsächliche Wochenarbeitszeit:<br />

Frauen Männer Gesamt<br />

West 32,4<br />

Stunden<br />

Ost 38,4<br />

Stunden<br />

Quelle: ISO<br />

42,0<br />

Stunden<br />

43,8<br />

Stunden<br />

38,1<br />

Stunden<br />

41,3<br />

Stunden<br />

Tabelle 2: Gewünschte Wochenarbeitszeit:<br />

Frauen Männer Gesamt<br />

West 28,5 37,1 34,1<br />

Stunden Stunden Stunden<br />

Ost 34,9 38,5 37,2<br />

Stunden Stunden Stunden<br />

Quelle: ISO<br />

Bei <strong>der</strong> Betrachtung <strong>der</strong> tatsächlichen<br />

Arbeitszeit ist darauf zu achten, daû diese<br />

über <strong>der</strong> tariflich vere<strong>in</strong>barten Arbeitszeit<br />

liegt und damit auch die Mehrarbeit erfaût.<br />

Es zeigt sich, daû Frauen vor allem im<br />

Westen zwar bereits weitaus weniger arbeiten<br />

als Männer, aber darüber h<strong>in</strong>aus weitere<br />

Verkürzungswünsche haben. Insgesamt<br />

ergibt sich für West und Ost e<strong>in</strong> durchschnittlicher<br />

Verkürzungswunsch von rund<br />

4 Stunden. Dies würde e<strong>in</strong>en (allerd<strong>in</strong>gs<br />

nur re<strong>in</strong> rechnerischen) Beschäftigungsef-<br />

fekt von 3,2 Mio. zur Folge haben. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

läût die o.g. Studie den Aspekt des<br />

Lohnausgleiches auûer acht. Zu vermuten<br />

ist daher: wenn weitere AZV von den<br />

Beschäftigten abgelehnt wird, dann weil die<br />

Beschäftigten verständlicherweise angesichts<br />

seit Anfang <strong>der</strong> 80er Jahre stagnieren<strong>der</strong><br />

Nettoreallöhne ke<strong>in</strong>e Lohne<strong>in</strong>buûen<br />

h<strong>in</strong>nehmen wollen.<br />

Arbeitszeitverkürzung br<strong>in</strong>gt mehr<br />

Beschäftigung<br />

E<strong>in</strong>e vor allem von <strong>der</strong> Unternehmerseite<br />

und <strong>der</strong> Bundesregierung vorgebrachte<br />

Behauptung lautet, daû AZV ke<strong>in</strong>e<br />

Beschäftigungseffekte nach sich ziehe.<br />

Diese These ist we<strong>der</strong> logisch begründbar,<br />

noch empirisch haltbar. Die bisherigen<br />

Ergebnisse von Untersuchungen über<br />

Beschäftigungswirkungen durch AZV<br />

gehen je nach Methode und Interessenlage<br />

weit ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. So ist <strong>der</strong> Beschäftigungseffekt<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Metall<strong>in</strong>dustrie bei <strong>der</strong><br />

Verkürzung von <strong>der</strong> 40- auf die 38,5-Stunden-Woche<br />

von Gesamtmetall mit 35 %,<br />

von <strong>der</strong> IG-Metall mit 70 % und vom<br />

DIW sogar mit 80 % beziffert worden. Es<br />

kann aber davon ausgegangen werden, daû<br />

die 3,2 Mio. Arbeitsplätze, die im Zeitraum<br />

1983±1992 geschaffen wurden, zum<strong>in</strong>dest<br />

zu e<strong>in</strong>em Drittel auf die Verkürzung <strong>der</strong><br />

Wochenarbeitszeit und e<strong>in</strong>e gestiegene<br />

Teilzeitquote zurückgehen. Pr<strong>in</strong>zipiell kann<br />

gelten: je gröûer die Verkürzungsschritte,<br />

desto höher auch <strong>der</strong> Beschäftigungseffekt.<br />

Da die Beschäftigungseffekte aber stets<br />

unter 100 % liegen, muû auch <strong>der</strong> Tatsache<br />

Rechnung getragen werden, daû die Verkürzung<br />

von Arbeitszeit Leistungsverdichtung<br />

und Produktivitätssteigerungen zur<br />

Folge hat. Die Auswirkungen <strong>der</strong> AZV auf<br />

die Sicherung bzw. Schaffung von neuer<br />

Beschäftigung hängen <strong>in</strong> hohem Maûe von<br />

den Tätigkeiten <strong>der</strong> Beschäftigten, den<br />

angewendeten Arbeitszeitregelungen und<br />

weiteren Rahmenbed<strong>in</strong>gungen ab, die<br />

Gegenstand <strong>der</strong> tarifvertraglichen und<br />

betrieblichen Aushandlungsprozesse s<strong>in</strong>d.<br />

Aktuelle Modellrechnungen und Maûnahmenkataloge<br />

prognostizieren ebenfalls die<br />

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