Parteitag der SPD in Hannover
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Antrag Eu 43<br />
Landesverband Baden-Württemberg<br />
Ortsvere<strong>in</strong> Stühl<strong>in</strong>ger<br />
(Landesverband Baden-Württemberg)<br />
Europäische Integration<br />
und gesamteuropäische<br />
Friedensordnung<br />
Mit dem Ende des Kalten Krieges und <strong>der</strong><br />
Blockkonfrontation, mit <strong>der</strong> Auflösung des<br />
¹Warschauer Paktesª und <strong>der</strong> Sowjetunion<br />
und mit den tiefgreifenden Reform- und<br />
Transformationsprozessen <strong>in</strong> Ost- und<br />
Südosteuropa hat sich das Bild Europas <strong>in</strong><br />
den letzten Jahren stark verän<strong>der</strong>t. Acht<br />
Jahre nach dem Fall <strong>der</strong> Mauer und dem<br />
Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> tiefgreifenden europäischen<br />
Wandlungsprozesse muû e<strong>in</strong>e kritische<br />
Bilanz gezogen werden: Gibt es Gefahren<br />
für den europäischen Integrationsprozeû,<br />
und wie können wir ihnen begegnen? S<strong>in</strong>d<br />
wir auf dem richtigen Weg zu e<strong>in</strong>er<br />
Gesamteuropäischen Friedensordnung, wie<br />
sie die <strong>SPD</strong> schon frühzeitig gefor<strong>der</strong>t hat?<br />
Verfügen wir über die richtigen Instrumente<br />
und Methoden, um neuen Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />
für den Frieden <strong>in</strong> Europa<br />
begegnen zu können? Und welche Prioritäten<br />
s<strong>in</strong>d beim Aufbau e<strong>in</strong>es neuen Europa<br />
ohne Systemgrenzen und ohne soziale Verwerfungen<br />
zu setzen?<br />
NATO-Erweiterung und Gefährdung <strong>der</strong><br />
Europäische Integration<br />
Europa hat nach Jahrzehnten <strong>der</strong> Spaltung<br />
die Chance, e<strong>in</strong>e ungeteilte Geme<strong>in</strong>schaft<br />
von Staaten zu werden, getragen von<br />
geme<strong>in</strong>samen Werten und Pr<strong>in</strong>zipien sowie<br />
von wechselseitiger Solidarität und <strong>in</strong>ternationaler<br />
Verantwortung. Der Weg <strong>in</strong> die<br />
europäische Integration muû dabei e<strong>in</strong>hergehen<br />
mit dem Aufbau e<strong>in</strong>er Gesamteuropäischen<br />
Friedensordnung. Dieser Weg<br />
bleibt weiterh<strong>in</strong> bedroht, wie <strong>der</strong> zerstörerische<br />
Krieg <strong>in</strong> Jugoslawien mit se<strong>in</strong>en Folgen<br />
und <strong>der</strong> Zusammenbruch <strong>der</strong> öffentlichen<br />
Ordnung <strong>in</strong> Albanien als warnende<br />
Beispiele gezeigt haben.<br />
Der NATO-Gipfel <strong>in</strong> Madrid hat die über<br />
die Jahre geführte Diskussion über e<strong>in</strong>e<br />
Osterweiterung <strong>der</strong> westlichen Allianz mit<br />
dem Aufnahmeangebot an die osteuropäischen<br />
Reformstaaten Polen, Tschechien<br />
und Ungarn zu e<strong>in</strong>em vorläufigen<br />
Abschluû geführt. Noch <strong>in</strong> diesem Jahr sollen<br />
die Beitrittsverträge mit den drei neuen<br />
Mitgliedsstaaten ausgehandelt werden,<br />
damit 1998 die notwendigen Ratifizierungsprozesse<br />
beg<strong>in</strong>nen können.<br />
Die Erweiterung des westlichen Bündnisses<br />
verfolgt das erklärte Ziel, mehr Sicherheit<br />
und Stabilität <strong>in</strong> ganz Europa zu schaffen.<br />
Aus heutiger Sicht ersche<strong>in</strong>t aber ke<strong>in</strong>eswegs<br />
sicher, ob dieses Ziel tatsächlich<br />
erreicht werden kann. Denn die Art und<br />
Weise, wie die Entscheidungsprozesse<br />
dabei abliefen, hat <strong>der</strong> gesamteuropäischen<br />
Integration und dem Zusammenhalt des<br />
Bündnisses selbst geschadet.<br />
Die <strong>SPD</strong> kritisiert <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />
folgende Fehlentwicklungen:<br />
± Jahrelang gehörte es zu den Liebl<strong>in</strong>gsbeschäftigungen<br />
westlicher Politiker, sich<br />
<strong>in</strong> den Hauptstädten <strong>der</strong> Transformationsstaaten<br />
Ost- und Südosteuropas dafür<br />
feiern zu lassen, daû sie sich vor Ort mit<br />
Nachdruck für die Aufnahme des Gaststaates<br />
<strong>in</strong> die EU und <strong>in</strong> die NATO aussprachen;<br />
± E<strong>in</strong>e ernsthafte Diskussion darüber, ob<br />
e<strong>in</strong>e NATO-Osterweiterung überhaupt<br />
s<strong>in</strong>nvoll ist und wie man sie gestalten<br />
muû, ohne dabei Europa erneut zu spalten<br />
und ohne neue Rüstungsschübe auszulösen,<br />
hat dagegen we<strong>der</strong> im Bundestag<br />
noch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />
stattgefunden;<br />
± Die Staaten des Westens lieûen es zu,<br />
daû e<strong>in</strong> regelrechtes Wettrennen unter<br />
den beitrittswilligen Staaten entstand,<br />
das diese jungen Demokratien <strong>in</strong> die<br />
Rolle von Bittstellern vor den Toren <strong>der</strong><br />
NATO drängte;<br />
± Als die Entscheidungsphase näherrückte,<br />
platzten die geweckten Erwartungen,<br />
während Taktik und egoistische Motive<br />
das Verhalten <strong>der</strong> NATO-Staaten prägte:<br />
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