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Parteitag der SPD in Hannover

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¹Arbeitszeitverän<strong>der</strong>ungª ± e<strong>in</strong> Projekt für<br />

e<strong>in</strong>e neue sozialdemokratische Reformpolitik<br />

Arbeit wird <strong>in</strong> dieser Gesellschaft nur nach<br />

Profitgesetzen def<strong>in</strong>iert. Wir h<strong>in</strong>gegen<br />

haben e<strong>in</strong>en umfassen<strong>der</strong>en Arbeitsbegriff:<br />

Arbeit bedeutet nicht nur bezahlte, öffentlich<br />

sichtbare und gesellschaftlich anerkannte<br />

Erwerbsarbeit, son<strong>der</strong>n auch die<br />

Reproduktion des Lebens ± also unbezahlte,<br />

private und gesellschaftlich unterbewertete<br />

Haus-, Familien- und Beziehungsarbeit.<br />

Darum for<strong>der</strong>n wir nicht e<strong>in</strong>e<br />

Verkürzung <strong>der</strong> Arbeitszeit, son<strong>der</strong>n eher<br />

e<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ung: Die durchschnittliche<br />

Erwerbsarbeitszeit muû für alle verkürzt<br />

werden. Da wir aber vor allem mehr<br />

Frauen <strong>in</strong> die Erwerbsarbeit br<strong>in</strong>gen wollen,<br />

wird sich die durchschnittliche<br />

Erwerbsarbeitszeit für Frauen erhöhen.<br />

Gleichzeitig wollen wir die Haus- und<br />

Familienarbeit gleichmäûig auf beide<br />

Geschlechter verteilen. Auch wenn wir das<br />

noch ungenutzte Potential vergesellschafteter<br />

Reproduktionsarbeit ausschöpfen,<br />

bedeutet dies für Männer e<strong>in</strong>e durchschnittliche<br />

Verlängerung <strong>der</strong> Haus- und<br />

Familienarbeit, da immer e<strong>in</strong> Rest an<br />

Reproduktionsarbeit bleiben wird. Natürlich<br />

wird durch e<strong>in</strong>e Verkürzung <strong>der</strong><br />

Erwerbsarbeitszeit nicht automatisch<br />

erreicht, daû Männer die gewonnene freie<br />

Zeit für die Erledigung von Reproduktionsarbeit<br />

nutzen. Aber damit ist zum<strong>in</strong>dest<br />

die Rahmenbed<strong>in</strong>gung dafür geschaffen!<br />

Darum müûten wir eigentlich von e<strong>in</strong>er<br />

Arbeitszeitverän<strong>der</strong>ung sprechen, denn es<br />

geht uns um die For<strong>der</strong>ung nach dem<br />

Sechs-Stunden-Tag für alle. Ansonsten laufen<br />

wir Gefahr, <strong>in</strong> <strong>der</strong> gewerkschaftlich ±<br />

und damit meist männlich ± besetzten<br />

Debatte um kürzere Erwerbsarbeitszeiten<br />

für Männer steckenzubleiben. Für Frauen<br />

bedeutete dies dann: Die Hausarbeit, die<br />

ihre Männer <strong>in</strong> <strong>der</strong> gröûeren Freizeit produzieren,<br />

dürfen sie auch noch erledigen!<br />

3.1. Arbeit an<strong>der</strong>s bewerten<br />

E<strong>in</strong>e Neubewertung <strong>der</strong> Arbeit wollen wir<br />

durch e<strong>in</strong>e Umstrukturierung <strong>der</strong> Arbeitswelt<br />

erreichen, die nicht nur Arbeitsverkür-<br />

118<br />

zung mit vollem Lohnausgleich <strong>in</strong> den<br />

Mittelpunkt stellt, son<strong>der</strong>n auch versucht,<br />

geschlechtsspezifisches Berufswahlverhalten<br />

zu verän<strong>der</strong>n und zu überkommen. Über<br />

Sozialisation und Motivation, über Berufsberatung,<br />

Quoten und Frauenför<strong>der</strong>ungsmaûnahmen<br />

muû und kann Frauen e<strong>in</strong> verstärkter<br />

Zugang zu sog. männertypischen<br />

Berufen ermöglicht werden, die v. a. im<br />

gewerbl.-techn. Bereich angesiedelt s<strong>in</strong>d.<br />

Gleichzeitig müssen auch Berufe im sozialen<br />

und pflegerischen Bereich und Dienstleistungsberufe<br />

für Männer attraktiv<br />

gemacht werden.<br />

Die Herausbildung sogenannter ¹Frauenberufeª,<br />

die grundsätzlich schlechter<br />

bezahlt werden als sogenannte ¹Männerberufeª<br />

reproduziert die geschlechtsspezifische<br />

Arbeitsteilung im Produktionsbereich<br />

und begründet sich e<strong>in</strong>erseits auf Eigenschaften<br />

und Fähigkeiten, die <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

Frauen zugeschrieben werden (Helfen,<br />

Dienen, Erziehen, Zuarbeiten), an<strong>der</strong>erseits<br />

auf Tätigkeiten, die als Funktionen aus <strong>der</strong><br />

Familie ausdifferenziert worden s<strong>in</strong>d und<br />

beruflich organisiert werden (K<strong>in</strong><strong>der</strong>gärtner<strong>in</strong>,<br />

Erzieher<strong>in</strong>, Kranken- und Altenpflege).<br />

In <strong>der</strong> Verteilung <strong>der</strong> Berufe hat<br />

sich die Ungleichheit zwischen den<br />

Geschlechtern nicht verr<strong>in</strong>gert. Zwar hat<br />

<strong>der</strong> Tertiarisierungsprozeû die Disparitäten<br />

zwischen den Geschlechtern tendenziell<br />

verkle<strong>in</strong>ert, doch diese Fortschritte s<strong>in</strong>d<br />

durch e<strong>in</strong>e rigi<strong>der</strong> gewordene geschlechtsspezifische<br />

Typisierung <strong>der</strong> Berufe wie<strong>der</strong><br />

verlorengegangen.<br />

Die Hälfte <strong>der</strong> berufstätigen Frauen ist auf<br />

nur sieben Berufe verteilt. Darunter dom<strong>in</strong>ieren<br />

<strong>der</strong> Beruf <strong>der</strong> Verkäufer<strong>in</strong> und<br />

Bürofachkräfte. 1990 verteilten sich rund<br />

55 Prozent <strong>der</strong> weiblichen Auszubildenden<br />

auf 10 Berufe. In den klassischen Männerberufen<br />

gelten Frauen immer noch als<br />

Exot<strong>in</strong>nen. Bemühungen zur Öffnung dieser<br />

Berufsfel<strong>der</strong> durch Modellversuche zur<br />

För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Ausbildung von Mädchen <strong>in</strong><br />

gewerblich-technischen Berufen konnten<br />

nur ger<strong>in</strong>ge ¾n<strong>der</strong>ungen bewirken. Zwar<br />

hat sich <strong>der</strong> Anteil von jungen Frauen <strong>in</strong><br />

männerdom<strong>in</strong>ierten Berufen <strong>in</strong> den alten

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