Parteitag der SPD in Hannover
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die Gefahr, daû die Regierungskoalition<br />
aus wahltaktischen Gründen zuerst mit <strong>der</strong><br />
<strong>SPD</strong>-Bundesratsmehrheit soziale Komponenten<br />
mitträgt, um danach kräftige<br />
Umsatzsteuerhöhungen und weiteren<br />
Sozialabbau als unvermeidliche fiskalpolitische<br />
Sachzwänge zu deklarieren. Für die<br />
Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> Regierungskoalition<br />
gilt: Nur e<strong>in</strong> aufkommensneutrales<br />
Konzept für die E<strong>in</strong>kommensteuerreform<br />
ist e<strong>in</strong> f<strong>in</strong>anzpolitisch seriöses Konzept.<br />
Sozial ungerecht<br />
± da groûe Teile <strong>der</strong> wirtschaftlich schwachen<br />
Haushalte nicht entlastet, son<strong>der</strong>n<br />
belastet werden. Dies trifft vor allem diejenigen,<br />
die aufgrund ihres ger<strong>in</strong>gen E<strong>in</strong>kommens<br />
ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>kommensteuer zahlen:<br />
Millionen von Rentner<strong>in</strong>nen,<br />
Studierenden und an<strong>der</strong>en auf Transfers<br />
angewiesene Haushalte bleibt nur die<br />
Mehrbelastung durch die Erhöhung <strong>der</strong><br />
Umsatzsteuer.<br />
± Aber auch bei vielen abhängig Beschäftigten<br />
wird die Entlastung bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>kommensteuer<br />
nach den Waigel-Plänen<br />
durch die Umsatzsteuererhöhung fast<br />
halbiert. Bei e<strong>in</strong>em zu versteuerndem<br />
E<strong>in</strong>kommen von 30000 DM nach <strong>der</strong><br />
Splitt<strong>in</strong>gtabelle (Verheiratete), beziffert<br />
Waigel die Entlastung auf 800 DM jährlich.<br />
Davon werden jedoch ca. 300 DM<br />
bereits durch e<strong>in</strong>e Umsatzsteuererhöhung<br />
von e<strong>in</strong>em Prozentpunkt wie<strong>der</strong><br />
aufgefressen. Zum Vergleich: Die Steuerentlastung<br />
für e<strong>in</strong> zu versteuerndes E<strong>in</strong>kommen<br />
von 300 000 DM nach <strong>der</strong><br />
Splitt<strong>in</strong>gtabelle soll 20 734 DM betragen.<br />
Für abhängig Beschäftigte <strong>in</strong> schicht<strong>in</strong>tensiven<br />
Sektoren mit hochgradig flexibilisierten<br />
Arbeitszeiten wie z.B. <strong>der</strong><br />
Druck<strong>in</strong>dustrie o<strong>der</strong> den Humandienstleistungen<br />
ist anzunehmen, daû durch<br />
die Besteuerung <strong>der</strong> Nacht-, Schicht-,<br />
Sonntags- und Feiertagsarbeit sogar oft<br />
e<strong>in</strong>e höhere Steuerbelastung aus den<br />
Waigel-Plänen resultiert.<br />
Fazit:<br />
Im Zusammenspiel von flexibilisierten<br />
Arbeitszeiten und unteren Lohngruppen<br />
dürften erwerbstätige Frauen überpropor-<br />
192<br />
tional die Verlierer<strong>in</strong>nen <strong>der</strong> Besteuerung<br />
von bisher steuerfreien Lohnzuschlägen<br />
se<strong>in</strong>.<br />
Insgesamt wird die soziale Schieflage <strong>der</strong><br />
E<strong>in</strong>kommensteuer durch die Waigel-Pläne<br />
nicht korrigiert. Im Gegenteil: Insbeson<strong>der</strong>e<br />
die sozial schwächsten Bevölkerungsschichten<br />
werden durch die Umsatzsteuererhöhung<br />
nur belastet und die mittleren<br />
bis besseren E<strong>in</strong>kommensgruppen <strong>der</strong><br />
abhängig Beschäftigten erhalten im Vergleich<br />
zu den absoluten Top-Verdienern<br />
lediglich e<strong>in</strong> Almosen: Während nach dem<br />
Waigel-Steuertarif ©99 die durchschnittliche<br />
Steuerbelastung bei e<strong>in</strong>em zu versteuernden<br />
E<strong>in</strong>kommen i.H. v. 30000 DM<br />
(Grundtabelle) nur um 4,2 vH zurückgehen<br />
soll, s<strong>in</strong>kt sie bei e<strong>in</strong>em zu versteuernden<br />
E<strong>in</strong>kommen von 300 000 DM um 10,5 vH!<br />
Leitl<strong>in</strong>ien sozialdemokratischer<br />
Steuerpolitik<br />
Beschäftigungsorientierte Wirtschaftspolitik<br />
braucht e<strong>in</strong>e tragfähige f<strong>in</strong>anz- und<br />
steuerpolitische Absicherung. E<strong>in</strong>e umfassende<br />
Mo<strong>der</strong>nisierung des Steuer- und<br />
Abgabensystems nach dem Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong><br />
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die<br />
Stärkung <strong>der</strong> privaten Nachfrage und e<strong>in</strong>e<br />
gröûere Akzeptanz des Steuersystems <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Bevölkerung s<strong>in</strong>d die wichtigsten Eckpfeiler<br />
e<strong>in</strong>er Steuerreform. Der Marsch aus<br />
dem Lohnsteuerstaat fuût auf <strong>der</strong> Besteuerung<br />
nach <strong>der</strong> wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit<br />
und <strong>der</strong> effizienten M<strong>in</strong>imierung<br />
<strong>der</strong> Steuerh<strong>in</strong>terziehung.<br />
Akzeptanz des Steuersystems stärken durch<br />
e<strong>in</strong>e gleichmäûige Besteuerung aller E<strong>in</strong>künfte<br />
Die dr<strong>in</strong>gendste Aufgabe e<strong>in</strong>er Strukturreform<br />
<strong>der</strong> E<strong>in</strong>kommensteuer besteht <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Beseitigung des Belastungsgefälles nach<br />
den E<strong>in</strong>kunftsarten: Während die E<strong>in</strong>künfte<br />
<strong>der</strong> abhängig Beschäftigten über die<br />
Lohnsteuer als Quellensteuer effizient<br />
erfaût werden, s<strong>in</strong>d bei den Gew<strong>in</strong>ne<strong>in</strong>kunftsarten<br />
(E<strong>in</strong>künfte aus Land- und<br />
Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger<br />
Arbeit) groûe Gestaltungsmöglichkeiten<br />
eröffnet.