Parteitag der SPD in Hannover
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litik gibt. Auch wir haben die Möglichkeit,<br />
wenn wir erprobte Grundpr<strong>in</strong>zipien unserer<br />
Nachbarn mit <strong>der</strong> gebotenen kritischen<br />
Distanz zum Vorbild nehmen, unser<br />
¹soziales Netzª zum ¹Trampol<strong>in</strong>ª umzubauen:<br />
Zu e<strong>in</strong>em ¹Trampol<strong>in</strong>ª <strong>der</strong> aus dem<br />
System <strong>der</strong> Erwerbsarbeit fallende Menschen<br />
<strong>in</strong> Beschäftigung und Eigenverantwortung<br />
zurückfe<strong>der</strong>t.<br />
Auch bei uns würde e<strong>in</strong>e Reform <strong>der</strong><br />
Sicherungssysteme durch e<strong>in</strong>e steuerf<strong>in</strong>anzierte,<br />
bedarfsorientierte und erwerbsunabhängige<br />
Grundsicherung, durch die Komb<strong>in</strong>ierbarkeit<br />
von Transferleistungen und<br />
Erwerbse<strong>in</strong>kommen (Transferentzugsgrenze),<br />
durch die Aufstockung niedriger<br />
E<strong>in</strong>kommen und durch die Komb<strong>in</strong>ation<br />
qualifizierungs- und arbeitsmarktpolitischer<br />
Programme (Stellvertretermodell) unter<br />
den verän<strong>der</strong>ten Rahmenbed<strong>in</strong>gungen nicht<br />
weniger, son<strong>der</strong>n mehr Schutz bieten. Sie<br />
bietet bessere Chancen, <strong>der</strong> ¹Armutsfalleª<br />
zu entkommen.<br />
Die Grundsicherung als ¹Sicherungsmodell<br />
mit Beschäftigungseffektenª würde durch<br />
e<strong>in</strong> ergänzendes Soziale<strong>in</strong>kommen als<br />
¹Beschäftigungsmodell mit Sicherungseffektenª<br />
s<strong>in</strong>nvoll vorbereitet und ± bei E<strong>in</strong>führung<br />
<strong>der</strong> Grundsicherung ± ergänzt.<br />
Die E<strong>in</strong>zelvorschläge zur Reform des<br />
Sozialstaates können unter dem Ziel,<br />
Beschäftigung zu schaffen und zu sichern,<br />
gebündelt werden. Die Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>der</strong><br />
sozialen Sicherung hat positive beschäftigungspolitische<br />
Effekte, weil sie Anreize<br />
zur Aufnahme von Erwerbsarbeit setzt. Die<br />
Aufstockung niedriger E<strong>in</strong>kommen durch<br />
Sozialtransfers macht die Beschäftigungsaufnahme<br />
auch dann lohnend, wenn <strong>der</strong><br />
Stundenumfang nicht ausreicht, um die<br />
Existenz zu sichern. Die im <strong>in</strong>ternationalen<br />
Vergleich niedrige Teilzeitquote und die<br />
Flexibilität <strong>der</strong> Arbeitnehmer würde gesteigert,<br />
ohne das <strong>in</strong>dividuelle Risiko zu erhöhen.<br />
E<strong>in</strong>e solche Reform ist auch wirtschaftspolitisch<br />
s<strong>in</strong>nvoll: Statt auf Kosten <strong>der</strong> Arbeit<br />
Arbeitslosigkeit zu f<strong>in</strong>anzieren, würde<br />
Kaufkraft geschaffen. Die am Standort<br />
290<br />
Deutschland gefor<strong>der</strong>te Produktivitätsorientierung<br />
<strong>der</strong> im <strong>in</strong>ternationalen Wettbewerb<br />
stehenden Branchen, die zwangsläufig<br />
zu e<strong>in</strong>em Abbau ger<strong>in</strong>g qualifizierter<br />
Arbeit führt, würde durch neue Beschäftigungsverhältnisse<br />
im Dienstleistungsbereich<br />
sozial verantwortlich und wirtschaftspolitisch<br />
s<strong>in</strong>nvoll flankiert.<br />
2. Nie<strong>der</strong>lande: Beschäftigungserfolge<br />
durch steuerf<strong>in</strong>anzierte Grundsicherung<br />
In den Nie<strong>der</strong>landen ist die Erkenntnis<br />
umgesetzt: Von Menschen, die aus dem<br />
Arbeitsmarkt herausfallen, kann höhere<br />
Flexibilität nur gefor<strong>der</strong>t werden, wenn<br />
man ihnen e<strong>in</strong>e Grundsicherung bietet und<br />
Anreize zur Aufnahme e<strong>in</strong>er Erwerbsarbeit<br />
öffnet. Das nie<strong>der</strong>ländische System aus<br />
steuerf<strong>in</strong>anzierten ¹Volks-ª und beitragsf<strong>in</strong>anzierten<br />
¹Arbeitnehmerversicherungenª<br />
sichert jedem Bürger und je<strong>der</strong> Bürger<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>en am M<strong>in</strong>destlohn orientierten Lebensstandard.<br />
Dabei folgt die Logik dem ¹Capucc<strong>in</strong>o-<br />
Pr<strong>in</strong>zipª: Die pauschalierte Grundsicherung<br />
(¹Algemene Bijstandswetª) und die<br />
Volksrente (¹Algemeen Ou<strong>der</strong>domswetª)<br />
bilden ± zusammen mit Ansprüchen auf<br />
H<strong>in</strong>terbliebenenversicherung, K<strong>in</strong><strong>der</strong>geld,<br />
Invalidenrente und Son<strong>der</strong>leistungen im<br />
Gesundheitsbereich ± e<strong>in</strong>e steuerf<strong>in</strong>anzierte<br />
M<strong>in</strong>destversorgung. Durch Erwerbstätigkeit<br />
werden Ansprüche an die beitragsf<strong>in</strong>anzierte<br />
Arbeitslosigkeits- und Arbeitsunfähigkeitsversicherung<br />
und e<strong>in</strong><br />
Krankengeld aufgesattelt. Private Versicherungen<br />
bilden den Kakaopulver auf ¹Kaffeeª<br />
und ¹aufgeschäumter Milchª.<br />
In den Nie<strong>der</strong>landen haben Arbeitslose<br />
und Grundsicherungsempfänger e<strong>in</strong> Recht<br />
auf eigene Erwerbse<strong>in</strong>künfte, ohne sofort<br />
E<strong>in</strong>buûen bei den flankierenden Sozialtransfers<br />
h<strong>in</strong>nehmen zu müssen. Dieses<br />
Recht übernimmt <strong>in</strong> den Nie<strong>der</strong>landen die<br />
Funktion e<strong>in</strong>er Aufstockung niedriger E<strong>in</strong>kommen<br />
aus ger<strong>in</strong>g qualifizierter und<br />
bezahlter Arbeit und Teilzeitarbeit. In<br />
Zusammenhang mit verschärften Zumut-